Wohnen im Periskop
3. aprile 2014
Kistler Vogt Architekten haben kürzlich ein Wohnhaus in Biel fertiggestellt. Rudolf Vogt wählt drei Zeichnungen und sechs Fotos und beantworten unsere sechs Fragen.
Ansicht West
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Der markante achtgeschossige Bau bildet den Abschluss des Schüsspark-Areals im Zentrum Biels. Gleichzeitig steht er im Bezug zum östlich anschliessenden, von Gewerbebauten geprägten Güterbahnhof-Areal. Daneben bilden viergeschossige Blockrandfragmente und ein einzelner achtgeschossiger Bau aus den 70er Jahren die unmittelbare Nachbarschaft. Auf diesen heterogenen baulichen Kontext galt es zu reagieren.
Eingangsfassade mit baumbestandenem Vorbereich
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Grundlage des Entwurfs bildete der städtebauliche Kontext mit seinen heterogenen Bebauungsstrukturen. Es stellte sich rasch heraus, dass die bestehende Bauordnung, welche einen viergeschossigen, dem Strassenraum folgenden Baukörper vorgab, keine überzeugende städtebauliche Lösung ermöglichte. Der mittels einer Überbauungsordnung realisierte Baukörper übernimmt die Geschossigkeit des Nachbarbaus aus den 70er Jahren und schafft gleichzeitig grosszügige Aussenräume.
Auskragende Aussenräume
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Der Baukörper übernimmt die Orthogonalität der westlich anschliessenden Schüsspark-Bauten. Durch die Schrägstellung zur Jura-Strasse entsteht ein baumbestandener, dreieckförmiger Aussenraum, welcher als Vorbereich zum Eingang des Gebäudes dient. Gegen den Bachlauf der namensgebenden Madretsch-Schüss wird das landschaftsarchitektonische Gestaltungskonzept des Schüssparks mit seinen geschwungenen Schotterflächen und abgrundeten Grünbereichen bis an die Jura-Strasse weitergeführt.
Der achtgeschossige Baukörper gliedert sich in einen dreigeschossigen Sockel mit eingezogenen Loggien und fünf Obergeschossen mit markant auskragenden Aussenräumen. Der innere Gebäudeaufbau beruht auf einem zentralen Kernbereich mit der Erschliessung und drei windmühlenartig angeordneten Wohnungen pro Geschoss, deren Aussenräume periskopartig auskragen.
Ansicht Süd
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Sowohl das vorgelagerte Planungsverfahren als auch die anschliessende Projektierung des Gebäudes wurde im Dialog mit der Bauherrschaft und dem städtischen Planungsamt entwickelt. Durch die Leichtbauweise innerhalb der Wohnungseinheiten konnte bis zum Abschluss der Rohbauphase auf spezifische Bedürfnisse der Nutzer reagiert werden.
Treppenhaus
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Die grundsätzlichen konzeptionellen Entscheide, wie etwa die Setzung des Gebäudes und die Gliederung im Aufriss und Grundriss, wurden unverändert beibehalten. Auch die Materialisierung mit einer äusseren, tagenden Schicht aus Sichtbeton stand schon früh fest und wurde im weiteren Planungsverlauf trotz bauphysikalischen Hürden (Minergie) nicht in Frage gestellt.
Wohnen mit Jurablick
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Der Sichtbeton verleiht dem Gebäude die angemessene Robustheit an der Schnittstelle zwischen Wohnquartier und den Gewerbebauten des Güterbahnhofareals.
Situation
Grundrisse
Schnitte
Wohnen im Periskop
2013
Biel-Bienne BE
Auftragsart
Direktauftrag
Bauherrschaft
Genossenschaft Schüss Due, Bracher + Partner AG, Solothurn
Architektur
Kistler Vogt Architekten ETH/BSA/SIA, Biel
Projektleiter: Daniel Derendinger
Fachplaner
Bauingenieur: WAM Planer und Ingenieure AG, Bern
HLKS-Ingenieur: Matter+Ammann AG, Bern
Elektro-Ingenieur: Scherler AG, Solothurn
Landschaftsarchitektur: Xeros Landschaftsarchitektur GmbH, Bern
Bauphysik/Akustik: Grolimund + Partner AG, Bern
Bauleitung
Bigolin+Crivelli Architekten AG, Grenchen
Gebäudevolumen
11'200 m3
Energiestandard
Minergie
Fotos
Thomas Jantscher, Colombier
Dieser Bau-der-Woche-Beitrag ist in Zusammenarbeit mit dem SIA entstanden