Vom freistehenden Lonza-Turm zum Lindenhof-Cluster

Manuel Pestalozzi
20. novembre 2024
Das denkmalgeschützte Lonza-Hochhaus soll durch zwei gleich hohe und identische gestaltete Türme ergänzt werden. (Visualisierung: © Miller & Maranta)

Mit seinen 68 Metern war der Lonza-Turm für einige Zeit das höchste Haus der Schweiz. Der Bau des Architekturbüros Suter + Suter ist bei der Einfahrt in den Bahnhof Basel SBB gut zu erkennen. Das in Nord-Süd-Richtung orientierte Hochhaus, dessen Kanten an den Längsenden zusammenlaufen, hat einen sechseckigen Fussabdruck. Der prägnante, gut unterhaltene Bau wurde 2022 ins Kantonale Denkmalverzeichnis aufgenommen. 

Neue Wohnungen und Arbeitsplätze

Das Baudenkmal befindet sich auf dem Lindenhofareal, über dessen Verdichtung seit nunmehr 30 Jahren nachgedacht und diskutiert wird. Ein erster Bebauungsplan datiert von 1991. Er stiess dazumal auf wenig Gegenliebe. Doch die Grundeigentümerin Lonza leidet immer stärker unter Platzmangel und so hat sie zusammen mit dem Versicherungskonzern Swiss Life einen neuen Entwicklungsplan für das Gelände erarbeitet: Der Lonza-Turm soll erhalten bleiben und mit Neubauten ergänzt werden. Diese würden nicht nur neue Wohnungen aufnehmen, sondern auch zusätzliche Arbeitsplätze.

2012 erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Kanton Basel-Stadt eine städtebauliche Testplanung mit drei Teams. Aus dieser ging die Idee von Zwillings-Hochhäusern hervor, die mit dem vorhandenen Turm einen kleinen Cluster bilden sollen. Der Vorschlag führte nach einiger Bedenkzeit zu einem neuen Bebauungsplan, der schliesslich Ende Juni dieses Jahres vom Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt genehmigt wurde. Er bestimmt, dass die beiden neuen Hochhäuser sich untereinander ähneln sollen. Gleichzeitig müssen sie sich gestalterisch vom Lonza-Turm unterscheiden. Beide Neubauten sollen gleich hoch wie der Bestandsbau sein. Der bisher stark versiegelte Kern des Areals wird hinsichtlich der Biodiversität und Klimaverträglichkeit aufgewertet und dazu stärker begrünt. Mit diesen Vorgaben lancierte die Bauherrschaft einen Studienauftrag. 

Bereits im Oktober vergangenen Jahres wurden 15 Architekturbüros aus dem In- und Ausland – darunter auch fünf lokale Nachwuchsbüros – zur Präqualifikation eingeladen. Sieben Teams wählte eine Jury für die Teilnahme aus – auch eines der besagten Jungbüros ist dabei. Jetzt empfahl das Gremium einstimmig, die Projektstudie von Miller & Maranta, August + Margrith Künzel Landschaftsarchitekten und dem Ingenieurbüro wh-p weiterzubearbeiten.

Zwischen den Hochhäusern soll ein platzartiger Grünraum als neue Quartiersmitte entstehen. (Situation: © Miller & Maranta)
Aufwertung der Aussenräume

Der Fussabdruck der neuen Türme ist jeweils ein leicht verzogenes Fünfecke. Die Häuser sind horizontal gegliedert und werden als unterzugsfreie Skelettbauten konstruiert. Sie werden aus vorgefertigten Bauteilen zusammengefügt und soll sich sowohl für Grossraumbüros als auch für Wohnungen eignen. 

In die Volumen werden Loggien eingeschnitten, angedacht sind Brisesoleils aus angewinkelten Photovoltaik-Modulen. Besonderes Lob von der Bauherrschaft erhält die Wirkung des Projekts nach aussen: Die beiden Neubauten seien architektonisch eng an das denkmalgeschützte Lonza-Hochhaus «anlehnen». Auch die Gestaltung der Aussenräume wird im Jurybericht gelobt. Die Projektstudie Lindenhof sieht unterschiedliche Weg- und Platzsituationen sowie abwechslungsreiche Hecken- und Wiesenflächen mit einzelnen Bäumen vor. Das Herzstück bildet eine platzähnliche Gestaltung mit mehreren Lindengruppen – hier soll sich in Zukunft das soziale Leben im neuen Quartier abspielen. Geplant sind auch ruhigere Zonen und Rückzugsorte. Bewohnende und Lonza-Mitarbeitende dürfen sich auf eine hohe Aufenthaltsqualität freuen.

Zu wenig Dynamik?

Bisher gibt es in der Schweiz noch keine wirklich überzeugenden Hochhaus-Cluster. So stellt sich die Frage, ob das Lindenhofareal in dieser Hinsicht Pioniercharakter haben kann und vielleicht sogar als Vorbild taugt. Doch Skepsis scheint vorerst angebracht: Die im Bebauungsplan geforderte Einheitshöhe der Türme könnte der Dynamik abträglich sein, die Turm-Gruppen zu unverwechselbaren Stadtbausteinen machen kann. Immerhin wird der geschützte Turm so nicht verzwergt – allerdings auch nicht besonders hervorgehoben. Er verschwindet in der gleichförmigen Masse. Man hätte sich an diesem zentrumsnahen Standort etwas mehr szenografischen Mut gewünscht.

Auf Grundlage der Projektstudie des Teams um Miller & Maranta werden nun im Zuge der Erarbeitung des Baueingabeprojekts gestalterische und technische Detailfragen geklärt, um die Pläne weiter zu verfeinern. Die Bauherrschaft möchte das Baubewilligungsverfahren 2026 starten und im Frühling 2027 die Bagger auffahren lassen.

Das neue Turmpaar soll mit schattenspendenden Photovoltaik-Modulen horizontal gegliedert werden. (Visualisierung: © Miller & Maranta)

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