Offenheit und Wertschätzung
Lütjens Padmanabhan Architekt*innen
25. gennaio 2024
Das neue Schweizer Generalkonsulat in Stuttgart beherbergt nicht nur die konsularischen Dienste, sondern auch die Handelsvertretung der Schweiz in Deutschland. (Foto: Max Creasy)
Das Schweizer Generalkonsulat in Stuttgart befindet sich neu im 4. und 5. Obergeschoss eines historischen Gebäudes in der Königstrasse. Oliver Lütjens und Thomas Padmanabhan durften die Räumlichkeiten mit ihrem Team gestalten. Wie sind sie an die besondere Bauaufgabe herangegangen?
Herr Lütjens, Herr Padmanabhan, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Oliver Lütjens: Beim Schweizer Generalkonsulat in Stuttgart scheint es sich auf den ersten Blick um einen gewöhnlichen Büroausbau zu handeln. Sieht man aber genauer hin, offenbart das sehr präzise Raumprogramm jedoch eine Reihe von öffentlichen Elementen wie die Schalteranlagen oder den multifunktionalen Veranstaltungsbereich, die Lounge. Weil wir es mit einer Repräsentanz der Schweiz im Ausland zu tun haben, verstanden wir es als unsere Aufgabe, öffentlich sichtbare Innenräume zu entwerfen. Die Architektur dieser Innenräume soll in der Lage sein, die Schweiz mit ihren Werten zu repräsentieren. Zugleich wollten wir, dass das Gastland Baden-Württemberg und die Kultur der Stadt Stuttgart in der Architektur Widerhall finden.
Wie bei einem Kartenhaus lehnen die hölzernen Trennwände aneinander und an den Säulen des Bestandes. Dies verweist auf das Verhältnis zwischen den beiden Ländern, das von gegenseitiger Abhängigkeit und von gegenseitigem Vertrauen geprägt ist. (Foto: Max Creasy)
Die grünen Türen sind als Referenz an James Stirlings Neue Staatsgalerie zu lesen, die zu Stuttgarts bedeutendsten architektonischen Wahrzeichen gehört. (Foto: Max Creasy)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?
Thomas Padmanabhan: Das Projekt besteht aus einer labyrinthischen Anordnung von Eschenholzwänden, die einer rauen, von Kriegsschäden gezeichneten Innenraumstruktur einbeschrieben wird. Leuchtend grüne Türen – eine Hommage an James Stirlings Neuen Staatsgalerie – markieren die räumlichen Übergänge und Knotenpunkte. Diese beiden Pole der Geschichte Stuttgarts sind sehr präsent.
Bleiben die Türen der Zellenbüros geöffnet, entsteht eine durchgängige Bürolandschaft. (Foto: Max Creasy)
Dies ist auch Ausdruck des Auftrags des Generalkonsulats, als kulturelles und wirtschaftliches Bindeglied zwischen dem deutschen Bundesland Baden-Württemberg und der Schweiz zu fungieren. (Foto: Max Creasy)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Thomas Padmanabhan: Die Rolle Stuttgarts und Baden-Württembergs als Industriestandort und Werkplatz hat den Designer Jörg Boner zu zwei beweglichen Tischen für den Loungebereich inspiriert. Die multifunktionalen Objekte erinnern an Werkbänke und schaffen einen Ort, an dem sich Vertreter der Industrie, der Politik und der Kultur treffen und austauschen können.
Die beweglichen Tische des Schweizer Designers Jörg Boner erinnern an den Industriestandort Stuttgart. (Foto: Max Creasy)
Die Betonstruktur des Bestandes trägt noch die Spuren des Zweiten Weltkrieges. Wie alle deutschen Grossstädte wurde auch die Hauptstadt des Bundeslandes Baden-Württemberg zu grossen Teilen zerstört. (Foto: Max Creasy)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?
Oliver Lütjens: Wie bei allen Projekten für das Bundesamt für Bauten und Logistik lag auch hier ein sehr präzises Raumprogramm vor, an dem auch so festgehalten wurde. Dies hat uns ermöglicht, eine sehr spezifische Raumanordnung, eine Art sozialen Organismus zu entwerfen und auf die sonst übliche Neutralität gewöhnlicher Bürolandschaften zu verzichten.
Die Toiletten sind Teil des Raumkontinuums. (Foto: Max Creasy)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?
Thomas Padmanabhan: Es war unser erster Büroausbau und erst unser zweites Projekt im Bestand. Das Thema einer zweideutigen Raumordnung, die den fliessenden Raum mit einer zellularen Struktur verbindet, ist ein wiederkehrendes Thema in unserer Arbeit. Neu war für uns die Entwicklung eines komplexen tektonischen Gefüges aus Eschenholzwänden und der Betonstruktur des Bestandes.
Die geometrische Plastizität der Innentrennwände verbindet sich mit der Weichheit der historischen Rippendecke. (Foto: Max Creasy)
Situation (© Lütjens Padmanabhan Architekt*innen)
Grundriss 4. Obergeschoss (© Lütjens Padmanabhan Architekt*innen)
Grundriss 5. Obergeschoss (© Lütjens Padmanabhan Architekt*innen)
Schweizerisches Generalkonsulat Stuttgart
Standort
Königstrasse 84, 70173 Stuttgart
Nutzung
Schweizer Konsulat, Büro- und Repräsentationsräume
Bauherrschaft
Bundesamt für Bauten und Logistik BBL, Bern
Josiane Imhof
Architektur
Lütjens Padmanabhan Architekt*innen, Zürich
Betchem Bojadgan, Oliver Lütjens, Thomas Padmanabhan, Julia grosse Darrelmann und Tobias Vonder Mühll
Fachplaner
Bauingenieur: Boll und Partner
Sicherheitsplanung: Gian Marquart
Brandschutz: Gruner, Steffen Leipold
HLKS: Dreiingenieure
Elektro: Sinus
Akustik: GN Bauphysik
Bauleitung
Mirko C. Schnabel, Diplom-Ingenieur, Freier Architekt, Stuttgart
Fertigstellung
2023
Gesamtkosten
EUR 2.5 Mio.
Bruttogeschossfläche
900 m2
Kunst am Bau
Jörg Boner: Ausstattung des Mehrzweckraumes im 5. Obergeschoss
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Metallbauer: Hein GmbH Metallbau
Schalteranlage: Intech
Schreiner (Türen): Fa. HOBA
Schreiner (Wände): Fa. Westermann
Trockenbauer: Eugenschwartz
Wechselrahmen: Atelier Hohl
Fotos
Max Creasy