Im Auge des Sturms
Thomas Wild, Sabine Bär und Ivar Heule haben ein Wohnhaus an einem der meistbefahrenen Verkehrsknotenpunkte Zürichs gestaltet. Wie haben sie es geschafft, trotz hoher Lärmbelastung und begrenztem Budget qualitätsvolle Wohnungen zu verwirklichen?
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Die Lage des Grundstücks an der stark befahrenen Kreuzung von Bucheggstrasse und Wehntalerstrasse führt zu einer starken Lärmbelastung. Dennoch wendet sich unser Gebäude nicht ab. Die Bebauung arrondiert das Quartier, fasst und definiert den Strassenraum und misst ihm als öffentlichem Raum eine adäquate Bedeutung zu.
Für die Erstellung von günstigen Mietwohnungen wurden die verschiedenen Bauteile auf ihre Verwendung, Notwendigkeit und Nachhaltigkeit hin geprüft. Ausbauschichten und Verkleidungen wurden weggelassen, sodass sich die Struktur in Konstruktion und Materialisierung offenbart und der Prozess des Bauens für die Nutzer*innen ablesbar bleibt. Der Gebäudeausdruck reflektiert diesen undogmatisch und direkt, eine Haltung, die Ausdruck der heutigen Zeit ist und Identität schafft, ohne tradierten Bildern zu folgen.
Unser Projekt reagiert darauf, dass der öffentliche Raum heute bisweilen stark lärmbelastet ist und schafft Wohnqualität im introvertierten Hof. Die weiche Metallfassade erlaubt die Aktivierung eines übergrossen Reduits als weiteres Zimmer, sobald neue Formen der Mobilität die Lärmbelastung reduzieren und der öffentliche Raum seine ursprüngliche Qualität und Wichtigkeit zurückerhält. Die loftähnlichen Einheiten im Kopfbau sind mit Raumhöhen von drei Metern ebenfalls auf eine vielfältige und veränderliche Nutzung ausgelegt.
Das leicht abfallende Gelände entlang der Wehntalerstrasse führt zu einer Höhenstaffelung, die im Grundriss durch eine Ausdrehung der Bauabschnitte ihre Entsprechung findet. Auskragende, barrierefreie Zugangssituationen und Dachaufbauten verbinden sich baukörperlich mit den Hauptvolumen und rhythmisieren die Strassenfassade.
Der enge wirtschaftliche Rahmen erforderte eine sorgfältige planerische Durchdringung der konstruktiven Ausführungen und Detailausbildung zu einem frühen Zeitpunkt.
Es bestand eine gewisse Rechtsunsicherheit, weil einerseits die alte Bauordnung noch gültig war, andererseits jedoch eine Voranwendung der in Revision befindlichen neuen Bau- und Zonenordnung angestrebt wurde. Dies hatte Grundrissanpassungen zur Folge, die unsere Projektidee aber nicht wesentlich beeinflussten.
Eine besondere Rolle spielte bei diesem Projekt, wie schon erwähnt, der Lärmschutz. Grundrissausbildung, Konstruktion sowie Gestalt und Grösse der Befensterung wurden darauf abgestimmt.
Unbeschichtetes, rohes Aluminium; wir haben das Material für die hinterlüftete Fassade und für die Fensterprofile eingesetzt. Es sorgt für eine hohe Durabilität und eine lebhafte Erscheinung durch Reflexionen der unterschiedlichen Lichtverhältnisse. Natürlich mag man berechtigt einwenden, dass Aluminium gerade in der Herstellung aus ökologischer Sicht problematisch ist, doch kann es andererseits am Ende des Lebenszyklus vollständig recycelt werden.
«Wohnen an einem Verkehrsknoten»
Standort
Ecke Bucheggstrasse / Wehntalerstrasse, 8057 Zürich
Nutzung
Ersatzneubau mit 44 Mietwohnungen
Auftragsart
Projektentwicklung
Bauherrschaft
privat
Architektur
wild bär heule Architekten, Zürich
Fachplaner
Landschaftsarchitektur: vetschpartner Landschaftsarchitekten Zürich
Bauleitung
m.y. concept, Feldmeilen, Fuchs Baumanagement GmbH, Uster
Jahr der Fertigstellung
2019
Gesamtkosten BKP 1–9
CHF 15,1 Mio.
Gebäudekosten BKP 2
CHF 13,7 Mio.
Gebäudevolumen
18'290 m3
Kubikmeterpreis
CHF 754
Energiestandard
Minergie ohne Zertifikat
Fotos
Roger Frei, Zürich