Falten fürs Klima

Manuel Pestalozzi | 29. Januar 2025
Das Schalungssystem Unfold Form besteht aus vier Sperrholz-Fächern, die von einem Rahmen in Position gehalten werden. Nach dem Betonieren kann die Neuentwicklung zerlegt, zusammengefaltet und später wiederverwendet werden. (Foto: © Lotte Scheder-Bieschin / ETH Zürich, Block Research Group)

Als Mitglied der Block Research Group erforscht Lotte Scheder-Bieschin, wie beim Bauen mit Beton knappe Ressourcen geschont werden können. Besonders interessiert sich die Architektur-Doktorandin der ETH Zürich dabei für den Schalungsbau. Denn bei diesem wird momentan noch viel Material verbraucht, das nach dem Betonieren auf dem Müll landet – das gilt insbesondere, wenn komplexe geometrische Formen hergestellt werden sollen. 

Wie ein besserer Weg aussehen könnte, zeigen Lotte Scheder-Bieschin und ihre Kolleginnen und Kollegen der von Professor Dr. Philippe Block geleiteten Forschungsgruppe nun mit dem faltbaren Schalungssystem Unfold Form. Es ist speziell für den Bau von Gewölbedecken gedacht und soll helfen, Material zu sparen und Abfall zu vermeiden. Die Forschung ist vielversprechend, weil wir bisher die Schalungen für solch filigrane Betonbauteile aus ökologisch fragwürdigen Materialien wie Styropor herstellen. Das belastet die Ökobilanz der Konstruktionen, die doch eigentlich durch die sparsame Verwendung von Beton gerade die Umwelt schützen sollen. »Dadurch geht ein Teil der Nachhaltigkeit leider wieder verloren«, unterstreicht Lotte Scheder-Bieschin.

Die Zackenform der neuen Schalung sorgt für Stabilität und Festigkeit. (Foto: © Andrei Jipa / ETH Zürich, Block Research Group)

Unfold Form besteht aus dünnen, flexiblen Sperrholz-Streifen. Sie sind durch spezielle Scharniere miteinander verbunden und lassen sich wie ein Fächer entfalten. Vier dieser »Fächer« bilden zusammen ein Gewölbe mit Zackenform. Diese Riffelung, erklärt Lotte Scheder-Bieschin, gebe zusätzliche Festigkeit, ohne das Gesamtgewicht maßgeblich zu erhöhen – das Prinzip haben die Forschenden von der Natur abgeschaut. Ein mit Stahlkabeln verstärkter Holzrahmen hält das Konstrukt in Form, und der Beton kann direkt auf die Fächer gegossen werden. Nach dem Abbinden können die Schalungsteile entfernt und wieder zusammengefaltet werden, um zur nächsten Baustelle transportiert und erneut verwendet zu werden. Das gesamte Schalungssystem wiegt nur 24 Kilogramm, kann aber, das hat sich im Versuch gezeigt, bis zu eine Tonne Beton tragen.

»Die Schalung lässt sich ohne Fachwissen oder Hightech produzieren und aufstellen«, betont Lotte Scheder-Bieschin. »Man braucht neben dem Material nur eine Schablone für die Form und ein Heftgerät«. Und das System ist günstig: Das Material für den ersten Prototyp kostete nur 650 Franken. 

Welch großes Potenzial in Unfold Form steckt, hat Mark Hellrich bewiesen: Der wissenschaftliche Assistent verstaute die zusammengefaltete Schalung in zwei Surfbrett-Taschen und flog mit ihnen im Gepäck nach Kapstadt. Zusammen mit der lokalen Partnerbaufirma noncrete, die sich für nachhaltiges Bauen und erschwingliche Wohnräume einsetzt, wurde am Kap ein zweiter Prototyp gegossen. Das Resultat habe auch die südafrikanischen Kollegen überzeugt, freut sich Lotte Scheder-Bieschin: »Mit dem neuartigen Schalungssystem sollen in südafrikanischen Townships dereinst Wohnhäuser entstehen, die qualitativ gut, würdig und nachhaltig sind.«
 

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