Projektwettbewerb FORUM UniZH
Zürich
- Architectes
- Schneider Studer Primas
- Équipe
- ARGE Adrian Streich und Schneider Studer Primas mit Ganz Landschaftsarchitekten
Die Universität von morgen ist ein offener, vernetzter und beweglicher Organismus. Ihre organisatorische und bauliche Struktur unterstützt Entdeckungen neuer Zusammenhänge, neuer Sichtweisen und neuer Bedeutungen. Um dieses Ziel zu erreichen, kombiniert unser Entwurf zwei komplementäre Prinzipien der Organisation von räumlichen Beziehungen und zeitlichen Abläufen:
(1) Effiziente Logistik: das Prinzip des Apparats
(2) Glückliche Zufälle: das Prinzip des Spiels
Das Prinzip des Apparats strebt nach einer möglichst effizienten Organisation von im Voraus definierten Standardsituationen. Raumbeziehungen und Personenströme werden für bekannte Abläufe und Szenarien des Lehr- und Forschungsbetriebs optimiert.
Das Prinzip des Spiels dagegen arbeitet mit Wahrscheinlichkeiten: Raumbeziehungen und Personenströme werden so organisiert, dass die Chance von ungeplanten und fruchtbaren Interaktionen maximal wird. Spezifische Raumkonfigurationen ermöglichen unvorhersehbare Formen der Aneignung.
Die Verteilung der Personendichte im Gebäude stellt ein wichtiges Entwurfswerkzeug dar. Indem wir die Räume mit der höchsten Personenbelegung direkt an den äusseren Freiraum der Agora und an den inneren Freiraum der Forumshalle legen, kann das Interaktionspotenzial dieser Begegnungsräume maximiert werden.
Heiteres Universum
Das komplexe Gefüge der Räume und Aktivitäten beruht auf einem lapidaren, aber über mehrere Masstabsebenen skalierbaren Bauprinzip. Plateaux von unterschiedlicher Ausdehnung und Intensität schieben sich aneinander - Hallen und Säle, Terrassen und Plattformen, Nischen und Kammern. Das fraktale Raumsystem führt Tageslicht, frische Luft und Aussicht bis in die feinsten Kapillaren des verästelten Organismus: ein heiteres Universum.
Agora
Das neue Forum steht im rechten Winkel zum Hauptgebäude der Universität Zürich. Die beiden präzise aufeinander bezogenen Baukörper artikulieren mit dem Universitätsspital und dem Anatomiegebäude einen grossen, den Wissenschaften gewidmeten Stadtraum. Diese Agora umfasst den Gloriapark, die Gloriakaskade, die Tramstation sowie die Verkehrsräume von Rämistrasse und Gloriastrasse. Der Neubau des Forums verzahnt sich mit seinen Eingängen, Freitreppen, Terrassen und Erkern intensiv mit der Agora, welche auf diese Weise eine Fortsetzung im Innern des Gebäudes findet.
Bastionen
Die gestaltete Topografie der ehemaligen Stadtbefestigung mit ihren Bastionen und Plattformen ist im Hochschulquartier immer noch spürbar. Freitreppen, Stützmauern, Terrassen und eine Vielzahl von inszenierten Wasserspielen und Trinkbrunnen erzeugen eine charakteristische Stimmung. Der Entwurf nimmt diese Themen zunächst in der Umgebungsgestaltung auf, entwickelt sie weiter und verwebt sie schliesslich mit dem Raumprogramm der Universität. Auf Hörsaaltürmen entstehen Dachterrassen, Fluchtwege werden zu Freitreppen, erkerartige Seminarräume rhythmisieren die Fassaden, ein grosses Wasserbecken am Boden des Forums nimmt das Dachwasser auf.
Konzentration und Austausch
Forschen, Lehren und Lernen erfordern ein stetes Wechselspiel zwischen Konzentration und Austausch. Ein breites Spektrum an Raumtypen und Raumkonfigurationen fördert unterschiedliche Aspekte dieser Dynamik:
- Die feinsten Kapillaren sind dem einsamen und konzentrierten Studium gewidmet: ruhige Arbeitsnischen, Lesezimmer und Bürozellen.
- Eine grosse Vielfalt an unterschiedlich dimensionierten, konfigurierten und vernetzten Raumangeboten ermöglicht das Lernen in Gruppen, Diskussionen im Forschungsteam, Seminare, Gruppenarbeiten, Symposien und andere Formen der wissenschaftlichen Zusammenarbeit: von der Galerie am zentralen Forum über die offene Arbeitslandschaft im Forschungstrakt bis zum Semiarraum mit Aussicht über die Stadt.
- Eine dritte Gruppe von Räumen dient den formalisierten und feierlichen Formen der Versammlung, der Präsentation und Repräsentation: Vorlesungen, Vorträge, Ausstellungen, Kongresse und Feste. Hörsäle in unterschiedlicher Grösse öffnen sich theaterartig von allen Seiten auf die Forumshalle, die dadurch selbst zum zentralen Orientierungs- und Repräsentationsraum wird.
Forumshalle
Die Forumshalle bildet das Herzstück der räumlichen Organisation. Dank einem Glasdach, das bei schönem Wetter geöffnet wird und einem grossen Wasserbecken am Boden herrscht hier die Stimmung eines überdeckten Stadtraums. Alle Teilbereiche des reichhaltigen Programms öffnen sich auf diesen zentralen Orientierungsraum und kommunizieren über vertikale und horizontale Blickbeziehungen: Hörsäle und Lernlandschaften im Westen und Süden, das Netzwerk der Forschung mit den repräsentativen Adressen der Fakultäten und Institute im Osten und Norden, die Sportanlagen als unterer und die Bibliothek als oberer Abschluss. Im alltäglichen Semesterbetrieb dienen die kaskadenartig getreppten Plattformen als Forschungs- oder Lernlandschaften und als Treffpunkte. Zeitweise werden aber auch Teilbereiche für kleinere und grössere Anlässe in Besitz genommen – Feiern, Kongresse, Ausstellungen oder Symposien. Und in regelmässigen Abständen wird die ganze Halle für ein grosses Fest genutzt.
Terrassen
Zwischen Agora und Forumshalle staffeln sich die Räume mit der höchsten Nutzungsdichte zu einer durchlässigen Schicht aus Hörsälen, Seminarräumen und Lernlandschaften. Diese hoch frequentierten Bereiche sind nicht allein von innen über die Treppen und Lifte der Forumshalle erreichbar, sondern auch über ein verzweigtes System aussenliegender Freitreppen und Terrassen erschlossen. Diese begehbare Schauseite bezieht den Freiraum der Agora aktiv ins universitäre Leben ein. Die Universität präsentiert sich der Stadt als offene und zugängliche Institution.
Grössere, südexponierte Dachgärten entstehen über den Auditorien an der Rämistrasse und über dem Forschungstrakt. Schattenspender und bepflanzte Flächen bieten Aufenthaltsqualität und unterstützen die Retention
Hörsäle
Die grössten und schönsten Räume der Universität verfügen über Tageslicht und Aussicht. Sie liegen direkt an der Forumshalle und lassen sich grosszügig zu ihr öffnen. Neben der klassischen, abgedunkelten Vortragssituation werden damit vielfältige, andere Nutzungsszenarien möglich: ein Apéro vor geöffnetem Theater, eine Ausstellung im Forum mit Filmen oder Präsentationen, Fakultätssitzungen mit Abendsonne und Aussicht über die Stadt. Nach den Vorlesungen trifft man sich im Forum, oder draussen auf den breiten Terrassen und Freitreppen.
Lernen
Die Lernlandschaft der Bibliothek erstreckt sich über die zwei obersten Geschosse. Ein Patchwork aus Oblichtsälen, Lesezimmern und Bücherkabinetten schafft vielfältige, dem konzentrierten Studium gewidmete Raum- und Lichtstimmungen: Räume unter dem Himmel, Lesenischen mit Aussicht, intime Kammern. Die kleinteilige Struktur ermöglicht ein thematisches Kuratieren der weitläufigen Leselandschaft. So können etwa Nachschlagewerke und Zeitschriften fachspezifisch in einzelnen Sälen zusammengefasst werden, um die Übersichtlichkeit der heute auf unterschiedliche Addressen über die Stadt verstreuten, kleinen Fachbibliotheken trotz Zusammenlegung zu erhalten.
Auch in den anderen Geschossen ist die Forumshalle umgeben von Seminarräumen und Lernnischen. Ihre Nähe zueinander und zu den Hörsälen ermöglicht neben klassischen Formaten vielfältige, interaktive und dynamische Unterrichtsformen (z.B. begleitetes Selbststudium, inverted classroom). Neben Forumshalle und Terrassen bildet der wiederkehrende Typus des hölzernen Seminarraums ein drittes Wahrzeichen des Projekts. Er tritt in drei Erscheinungsformen auf – als offener Pavillon, als Raum mit einer Wand und als halbseitig geschlossener Raum.
Forschen
Die Arbeitsplätze der verschiedenen Forschungsinstitute bilden ein zusammenhängendes und flexibel konfigurierbares Netzwerk. Dank Innenhöfen und geringen Bautiefen lassen sich auch hier alle Räume natürlich belichten und belüften. Es herrscht eine angenehme Werkstattatmosphäre. Die drei Fakultäten, aber auch die einzelnen Institute verfügen über Adressen direkt an der Forumshalle. Hier erhalten sie die Gelegenheit, ihre Arbeit in kleinen Ausstellungen der Öffentlichkeit zu präsentieren. Ausgehend von diesen Ankerpunkten ermöglicht die Rasterstruktur auf einer Basis von 1.35m eine höchst flexible und semesterweise variable Raumnutzung. Zellenbüros in unterschiedlicher Grösse, Kombizonen oder Multispace-Konzepte sind möglich und die Grenzen zwischen den Fakultäten und Instituten lassen sich immer wieder bedarfsgerecht verschieben.
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