Vittorio Magnago Lampugnani - Professor emeritus
Manuel Pestalozzi
2. juin 2017
Im vergangenen Jahr erschien Vittorio Magnago Lampugnani in der italienischen Fachzeitschrift «Domus» in einer Zeichnung von Massimo Giacon. Bild: www.domusweb.it
Am 1. Juni hielt der Architekt und Städtebautheoretiker an der ETH Zürich seine Abschiedsvorlesung. Man kann davon ausgehen, dass von diesem engagierten Zeitgenossen noch zu hören sein wird.
War die Professur in Zürich für Lampugnani einfach eine Etappe in einer globalen Akademiker- und Kuratorenkarriere? Oder spielt sein Aufenthalt in der Limmatmetropole für den Mann und den Ort eine besondere Rolle? Es werden berufenere Stimmen sein, die solche Fragen beantworten müssen. Für den Betrieb auf dem Hönggerberg war der Gelehrte aus Rom sicherlich eine Bereicherung. Nicht bloss steigerte er das internationale oder internationalistische Flair der Architekturabteilung, mit seinen häufigen prononcierten Wortmeldungen an Events und in den Medien erinnerte er die Welt stets daran, dass Architektur und Städtebau politische Aufgaben von grosser kultureller und gesellschaftlicher Tragweite sind.
Durchaus mutig versuchte Vittorio Magnago Lampugnani in seiner Vermittlertätigkeit einen Spagat zwischen dem Gewöhnlichen, Normalen, und dem Ausserordentlichen, kulturell Anspruchsvollen, zu vollführen. Er war auch im Lehrbetrieb nicht bloss der Experte mit fundiertem historischem Wissen sondern präsentierte sich als Advokat der «ewigen Werte» des Bauens. Dabei griff er gerne auf eine Grammatik der Vormoderne zurück, er trat gewissermassen als Anhänger des Novecento ins Rampenlicht der LEDs. Klare Statements bedingen eine Reduktion der Betrachtung auf wesentliche Anliegen. Deshalb schien in seinen Positionen gelegentlich der Blick auf das Gesamte in den Hintergrund zu treten, sie forderten zum Widerspruch auf. Doch vielleicht macht gerade diese Eigenschaft auch seine Klasse aus. Jedenfalls hofft man, dass der frisch Emeritierte sich auch weiterhin wortgewandt einmischen wird.