Rom: Pasta oder Parkplatz?

Juho Nyberg
14. juin 2021
Wem gehört der Strassenraum? Aktuell verdrängt die Aussengastronomie in Rom den Individualverkehr. (Foto: Juho Nyberg)

Knatternde Vespas und Cinquecentos, die vorbeituckern, während man eine knusprige Pizza geniesst – so stellt man sich einen lauen Sommerabend im Italienurlaub vor. Unser Nachbarland, das bei Gästen aus aller Welt so beliebt ist, wurde von der Corona-Pandemie besonders hart getroffen, und die Italiener*innen mussten in der Folge sehr restriktive Massnahmen erdulden. Der Tourismus kam praktisch zum Erliegen: In der italienischen Hotellerie- und Gastrobranche gingen im letzten Jahr über 500 000 Arbeitsplätze verloren, Restaurants erlitten einen durchschnittlichen Umsatzeinbruch von über 50 Prozent.

Umstrittene Anschubhilfe

Da sich nun eine Entspannung der Lage abzuzeichnen scheint und die Reisefreiheit – zumindest in Europa – Zug um Zug wiederhergestellt wird, schöpfen auch die vom Tourismus abhängigen Unternehmer*innen wieder etwas Hoffnung. In Rom hat die Regierung kurzerhand beschlossen, dass die rund 10 000 Restaurants und Bars in der Stadt bis Ende dieses Jahres unentgeltlich Aussensitzplätze auf öffentlichem Grund erreichten dürfen. Gewöhnlich belaufen sich die Gebühren für eine 50 Quadratmeter grosse Terrasse im Strassenraum auf EUR 14 000 pro Monat. Der Wegfall dieser Zahlungen könnte sich tatsächlich als bedeutende finanzielle Erleichterung für so manchen Betrieb erweisen.

An vielen Orten geht die Inanspruchnahme des öffentlichen Raums jedoch zu Lasten der Autofahrer*innern, genauer: der Parkplätze. In Rom, wo auf 100 Einwohner*innen 62 Motorfahrzeuge kommen, sind Parkplätze ohnehin schon Mangelware. Dass nun weitere wegfallen, weckt nicht nur Begeisterung unter den Römer*innen. Dennoch ist das nur ein Nebenschauplatz, denn der Individualverkehr in Rom ist ausser Rand und Band: Viele Menschen verwenden das Auto selbst für kürzeste Distanzen, entsprechend hoch sind Verkehrsaufkommen und Umweltbelastung. Statistisch verbringt jeder Einwohner der Stadt pro Jahr 20 Tage im Stau. Es wäre wohl zu wünschen, dass die krisenbedingte Umwidmung des Strassenraums die Stadtbewohner*innen zum Nach- und Umdenken anregt.

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