Kongresshaus als Vorlage

Manuel Pestalozzi
25. mai 2016
Bild: ARGE Boesch/Diener

Es ist wohl eine typische Zürcher Geschichte: Hochtrabende Pläne, Weltstadtträume, verbunden mit einem latenten Minderwertigkeitskomplex, denkmalpflegerische Nostalgie und vielleicht eine Prise Missgunst bestimmten das Schicksal eines grossen Bauvorhabens. Das Projekt für ein Kongresshaus am Seebecken, ein Ersatzneubau vom Weltklassearchitekten Rafael Moneo aus Spanien, wurde vom Stimmvolk 2008 bachabgeschickt.
 
Die lokale Architekturszene war in der Sache ziemlich gespalten. Die Zeitschrift Hochparterre weibelte aktiv und energisch für den Erhalt des Baus von Haefeli Moser Steiger, der 1939 pünktlich zur Landi fertiggestellt wurde. Das trug ihr einen ätzenden Leserbrief des emeritierten ETH-Professors Dolf Schnebli ein. Auch der Verein Pro Kongresshaus mit der Architektin Lisa Ehrensperger machte sich für den Erhalt des bestehenden Ensembles stark. Das Volk handelte in ihrem Sinne und schickte das Moneo-Projekt bachab. Zu gross waren das Raumprogramm und die Dimensionen des geplanten Neubaus, zu flamboyant erschien manchen vielleicht der Stil des Pritzker-Preis-Trägers.
 
Die Ablehnung wurde als Wunsch nach einem Erhalt des Bestandes interpretiert. Die Stadt schrieb nicht einen neuen Wettbewerb aus sondern beauftragte Elisabeth Boesch, Roger Diener und Jürg Conzett mit einem Sanierungskonzept. Über dieses darf das Stimmvolk jetzt entscheiden. Lisa Ehrensperger ist begeistert: Das Raumprogramm wurde abgespeckt und ein Projekt erarbeitet, das die räumlichen Qualitäten des 1939er Ensembles von Haefeli Moser Steiger wieder zum Leben erweckt, und Raum bietet für eine kleinere, aber feine und vielfältige Kongressnutzung mit bis zu 2'500 Teilnehmenden, schreibt sie der Redaktion von swiss-architects.com.
 
Das bestehende Kongresshaus hat einen anmutigen, bisweilen herben Charme, ist manchmal nüchtern, manchmal verspielt – ein Bau, der nicht auffällt, in den man sich aber auch nicht verliebt. Als Postkarten- oder Selfiesujet eignet er sich wenig. Die Instandsetzung und der Umbau werden auf CHF 165 Mio zu stehen kommen; dann gilt es ein Provisorium zu berappen, und schliesslich soll die Bevölkerung auch noch in die Entschuldung der bestehende Trägerschaft einwilligen.
 
Grosse Debatten über die Vorlage gab es bisher nicht. Auf der Website der Kongresshaus-Stiftung wird in einem Interview unwidersprochen behauptet, Zürich gebe nun mehr aus für eine Sanierung, als die Stadt der Moneo-Neubau für ein grösseres Haus gekostet hätte, weil dort Private das Projekt mitfinanziert hätten. Das erinnert ein wenig an das Debakel mit dem Hardturm-Stadion. Doch hier geht es schliesslich um die Pflege des historischen Erbes. Da kann es in diesen Tagen gar nicht zu teuer sein.

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