Die Umgestaltung des Koch-Areals hat begonnen
Manuel Pestalozzi
30. octobre 2023
Die Altbauten auf dem Gelände sind inzwischen grossteils eingerissen, wie diese Aufnahme zeigt. Erhalten bleibt die historische Kohlenlagerhalle. (Foto: © Matthias Bader)
Dereinst sollen im Zürcher Koch-Quartier rund 900 Menschen leben. Entstehen werden auf dem früheren Industrieareal bis 2026 auch Gewerbeflächen und ein öffentlicher Park. Am 23. Oktober wurde der Grundstein gelegt.
Lange sorgte die Zukunft des einstigen Firmenareals der Koch Wärme AG in Zürich für zuweilen heftige Diskussionen. Nachdem die Stadt die Industriebrache an der Grenze von Albisrieden und Altstetten für 70 Millionen Franken von der UBS gekauft hatte, wurde das Gelände besetzt. Die Besetzung entwickelte sich in der Folge zum Politikum und erhitzte immer wieder die Gemüter. Unterdessen lobten Liegenschaften Stadt Zürich und der Verband Wohnbaugenossenschaften Zürich 2017 einen Konzeptwettbewerb für die Neugestaltung des Koch-Areals aus. Schliesslich erhielten die Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ), die Genossenschaft Kraftwerk 1 sowie die Gewerbeentwicklerin SENN den Zuschlag, zwei Wohngebäude und ein Geschäftshaus zu errichten. Die Stadt überlässt ihnen die Grundstücke im Baurecht. Grün Stadt Zürich wird einen öffentlichen Quartierpark zur Anlage beisteuern. Gebaut werden sollen insgesamt 360 Genossenschaftswohnungen für rund 900 Menschen.
2018 nahm das Stimmvolk die Vorlage «Gemeinnütziger Wohnbau auf dem Koch-Areal» an. In vier parallel verlaufenden Architekturwettbewerben wurden dann die konkreten Projekte bestimmt. Und nun also wird es ernst: Nachdem der private Gestaltungsplan und die vier Bauprojekte ohne Rekurse geblieben sind, wurde das Gelände von der Polizei geräumt und der Bauprozess hat mit der Altlastensanierung im Frühling begonnen. Am 23. Oktober fand die feierliche Grundsteinlegung für das neue Koch-Quartier statt.
Drei verschiedene Bauträger realisieren Wohn- und Geschäftshäuser, die Stadt Zürich trägt den Quartierpark bei. (Visualisierung: © Janine Wiget)
Vertreter*innen der Bauträger und der Stadt versammelten sich für den Festakt. Bei dieser Gelegenheit lobten alle Beteiligten ihre inzwischen jahrelange Zusammenarbeit. In der Tat gibt es eine gemeinsame Linie über Baufeldgrenzen hinweg. So möchten alle Parteien den Klimaschutz voranbringen. Darum wird es eine gemeinsame Regenwassernutzung geben, und beim Abbruch der Bestandsbauten angefallene Bauteile sollen bei den Neubauten wiederverwendet werden. Abgesprochen sind auch Fassadenbegrünungen und ein kleiner «Wald» auf einem der Dächer als Beitrag zum Erhalt der Biodiversität. Der Park sei in besonderem Masse Ausdruck der gemeinsamen Vision, hiess es ferner.
Das auf der WC-Tür eingestanzte Gedicht von Sibylle Berg (Foto: © Koch-Quartier)
Im Rahmen der Zeremonie wurde die Türe der künftig im Park stehenden Toilette präsentiert. Darin eingraviert ist ein Text der in Zürich lebenden Schriftstellerin Sibylle Berg, die an dem Anlass persönlich teilnahm und ihr Gedicht rezitierte. Es zeichnet ein negatives Zukunftsszenario, das als kapitalismus- und durchaus auch als digitalisierungs- und technologiekritisch gelesen werden kann. Diese Tristesse wird jedoch überwunden und weicht einer hoffnungsvollen Sicht. Das Werk endet schliesslich mit den Worten: «Wir holen uns die Stadt zurück!»
Wer mit «wir» gemeint ist, wird sich ab 2026 erweisen. Dann nämlich soll die Anlage bezugsfertig sein. Welche Menschen werden dann in den Genossenschaftswohnungen leben? Wer wird den Park bevölkern, wer die geplanten Gastronomie- und Kulturangebote nutzen? Kurzum, wer wird von der Umgestaltung profitieren?