18. novembre 2016
Ausstellungsansicht, MAN transFORMS, gta Ausstellungen, ETH Zürich. Bild: Stefan Altenburger
Dass eine Ausstellung nach 40 Jahren neu aufgerollt wird, ist ungewöhnlich. Ungewöhnlich war auch die vom Wiener Hans Hollein kuratierte Ausstellung MAN transFORMS, mit der 1976 das Cooper-Hewitt Design Museum in New York wiedereröffnet wurde.
Holleins Ausstellung markierte eine Zäsur und einen Wendepunkt, sowohl in der in der Geschichte des Ausstellungmachens als auch im Verständnis von Design an sich. Wie so häufig aber wurde die Schau trotz grossem Publikumserfolg kaum rezipiert (weder in der Presse noch von Kollegen oder innerhalb eines akademischen Diskurses). Sie war in ihrem Anspruch, die gesamte «man made world» (so das Briefing der damaligen Direktorin Lisa Taylor an Hollein) zu zeigen, vielleicht zu komplex, zu umfassend und deswegen schwer greifbar. Nun scheint die Zeit Reif für einen erneuten Blick auf diese «globale» Ausstellung. Gerade in einer Zeit, in der der Begriff Design omnipräsent ist (von Naildesign bis zum Designen der eigenen Identität) ist dieser Blick notwendiger denn je. Wo Grenzen verschwimmen und die Welt zu einem Einheitsbrei zu verschmelzen droht, tut es Not, Randgebiete unter die Lupe zu nehmen.
Das versucht nun die Ausstellung vom gta in den Räumlichkeiten an der ETH Hönggerberg. «MAN transFORMS: Die Dokumente» (kuratiert von Laurent Stalder und Samuel Korn) dokumentiert die Entstehungsgeschichte in fünf Räumen und möchte damit den zweijährigen Arbeits-Prozess an der historischen Ausstellung nachvollziehbar machen. Sie zeigt keine Artefakte aus der damaligen Schau (von denen nur wenige Stücke erhalten sind), sondern Briefe, Skizzen, Fotografien, Modelle und Filme, welche die Kuratoren aus unterschiedlichen Quellen zusammentragen konnten. Das mag bei einem Ausstellungskonzept, das die fünf Sinne und die vier Elemente zum Ausgangspunkt nahm und das Museum als Ort sinnlicher Erfahrung verstand, problematisch sein. Aber auch eine Chance. Denn lässt man sich als Besucherin auf die vielfältigen Themen ein, entstehen spannende Vernetzungen, die auch nach dem Ausstellungsbesuch nachhallen. Ob das in dieser Form auch ohne die fachkundige Führung durch die Kuratoren (die jeweils am Donnerstag über Mittag stattfindet) geschehen wäre, ist allerdings fraglich.
Verschiedene Dokumente legen den Entstehungs-Prozess Schicht um Schicht frei. Bild: Martin Stollenwerk
Doch was war so aussergewöhnlich an der holleinschen Ausstellung? Eine Besonderheit war sicher die Tatsache, dass Hollein von Anfang an auf einen mehrschichtigen Diskurs und Austausch setzte. Er lud verschiedene Architekten, Designer, Künstler und Theoretiker ein, sich an der Ausstellung zu beteiligen (darunter Ettore Sottsass, Arata Isozaki oder Hermann Czech). Die mehrtägigen «Contributors Meetings» fanden in Paris und später in den USA statt. Aus den Diskussionen entwickelten sich die Inhalte sowie die Ausstellungsformate der Schau. Damit verbunden war nicht nur die Frage, wie man diese Inhalte auf anschauliche Weise vermittelt, sondern auch wie man die Fülle der menschgemachten Umwelt kategorisieren soll. Alltägliche Gegenstände und Phänomene in einem Museum zu präsentieren, war neu. Es bedeutete auch die Abkehr von Design als einem Objekt der «guten Form». Auch so etwas Banales und zugleich Archetypisches wie Brot oder Stoff war Gegenstand der Ausstellung. Das wertfreie Inventarisieren nahm den Artefakten das Museale. Womit wir mitten in der Jetztzeit sind. Der Museumsboom der letzten Jahre zeigt, dass Museen nicht elitäre und weltfremde Orte sind, sondern öffentliche Räume, die einen Wissens-, aber auch sozialen Austausch ermöglichen. Insofern wäre es wünschenswert, dass die Dokumentation dieser wegweisenden Ausstellung, nicht nur von Architekturstudenten besucht würde, sondern auch von einem breiteren interessierten Publikum.
Die Ausstellung «MAN transFORMS: Die Dokumente» ist noch bis am 9. Dezember an der ETH Hönggerberg zu sehen.