Allzweckmittel Technik? Wohl kaum!
Inge Beckel
6. janvier 2016
Bild: swissbau.ch
Nächste Woche wird der Grossanlass und Publikumsmagnet der Schweizer Baubranche in Basel über die Bühne gehen: die Swissbau und mit ihr der Swissbau Focus. Der hat bekanntlich das Motto «Rettung durch Technik?» Was genau aber soll gerettet werden?
Wir haben nachgefragt. So meint Fabian Cortesi von der Liestaler Firma IEU, die Frage heisse, anders ausgedrückt, welche Fragen mit Technik beantwortet werden könnten – und inwieweit? Dabei stützten sich die Veranstaltungen thematisch auf die die Baubranche betreffenden Megatrends.
Ein Megatrend etwa fokussiert auf Bevölkerungswachstum und Verdichtung. Die resultierende Frage heisst: Wie gestaltet sich das Zusammenleben in einer Schweiz mit zehn Millionen Menschen? Ein weiterer Trend betrifft Digitalisierung. Wie verändert sich das Zusammenleben bei der heutigen rasanten technischen Entwicklung? Oder Ressourcen und Materialen. Wie können Ressourcenverbrauch reduziert und Kreisläufe geschlossen werden?
Doch lässt sich dies wirklich alles mit Technik lösen? Anders gefragt: Was braucht es noch? Ist beispielsweise der Ressourcenverbrauch nicht auch eine Frage der Suffizienz? Also eine Sinnfrage? Womit man gleichzeitig fragen sollte, worauf verzichtet werden kann? Das heute sehr aktuelle Thema sharing oder Teilen etwa ist letztlich keine technische Antwort darauf (mehr hier oder hier). Wir möchten das Thema im Laufe des Jahres über die Technik hinaus ausweiten. Wie lauten andere Herausforderungen im Bauen und in der Architektur?
Etwa, wenn es ums Bauen im Bestand geht? Was bedeutet, dass bei einem Eingriff meist ein Stück Identität verloren geht oder verändert wird. So argumentieren etwa Denkmalpflegerinnen mit Recht, Bauten helfen, einen Ort wiederzuerkennen. Sie bilden eine Grundlage seiner Identität. Diese Identifikation wiederum ist Voraussetzung, dass sich Menschen an einem Ort zu Hause fühlen und in der Folge bereit sind, Verantwortung zu übernehmen – eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren des Zusammenlebens jeder Gesellschaft. Auch Verantwortung ist folglich keine technische Antwort.
Eine andere Frage – die sicherlich als Trend bezeichnet werden kann – sind die Herausforderungen in ländlichen Gebieten. Jedenfalls dann, wenn man die so genannt unrentablen Gebiete nicht einfach zu Brachen degradieren will. Und wie steht es mit der Vielfalt der Dörfer und Städte? Was hat Vielfalt mit Technik zu tun? Oder ist es nicht vielmehr Technik, die normiert? Und damit Vielfalt löscht?
Technik ist noch heute ein mehrheitlich «männlich» besetztes Thema. Oder jedenfalls haben Männer in der Regel mehr Freude daran. Beziehen wir also mehr Frauen, auch Nichtbaufachleute, Kinder, Azubis und Migranten ein – und die Antworten auf die Herausforderungen werden hoffentlich vielfältiger, breiter, ja bunter. Und vielleicht gar nachhaltiger.