Die tanzende Wand
studio berardi miglio
9. août 2023
Foto: Beda Schmid
Filippo Berardi und Lucia Miglio haben die Räume des Zürcher Kosmetikstudios Beaudax entworfen – ihre erste Innenraumgestaltung. Sie erklären, wie eine geschwungene Wand dabei zum zentralen Gestaltungselement wurde.
Lucia, Filippo, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Filippo Berardi: Durch ein einziges Bauelement konnten wir das Studio den Bedürfnissen der Bauherrschaft entsprechend unterteilen und gleichzeitig neu eine Abfolge von Räumen mit jeweils eigenem Charakter schaffen. Um die gebogene Trennwand zu realisieren, entwickelten wir die Idee einer Kette, umgesetzt durch die Drehung und Verschiebung identischer Grundelemente.
Lucia Miglio: Ein Farbenspiel betont dabei die dreidimensionale Bewegung der Wand. Je nach Position des Betrachters lädt es dank eines strahlenden Rottons dazu ein, die Räumlichkeiten zu betreten, oder geleitet mit einem neutralen Beigeton nach der Behandlung zum Ausgang.
Foto: Beda Schmid
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?
Lucia Miglio: Wir wollten einen Ort mit einer starken Identität schaffen und gleichzeitig der Kundschaft verschiedene sinnliche Erfahrungen ermöglichen. So entstand das Konzept, eine Trennwand einzubauen, die alle Bedürfnisse und zugleich die Idee des Projekts übersetzen sollte. Die erwähnten Rot- und Beigetöne – die Signaturfarben des Kosmetikgeschäfts – spielen mit den verschiedenen Wandprofilen und bieten, wie eben erklärt, je nach Blickwinkel eine unterschiedliche Wirkung.
Filippo Berardi: Die übrige Wandoberfläche aus venezianischem Stuck und der fugenlose Fussboden in Elefantengrau bilden einen insgesamt neutralen Hintergrund, um die geschwungene Wand als einzige «Protagonistin» erscheinen zu lassen.
Foto: Beda Schmid
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?
Filippo Berardi: Den Dialog mit der Kundschaft betrachten wir grundsätzlich als Inspirationsquelle, da es in der Architektur stets gilt, aufgrund der Bedürfnisse der Bauherrschaft ein passendes Bild zu entwickeln. Der Auftraggeber wünschte sich eine Unterteilung von zwei grossen Räumen in vier kleinere Bereiche: eine Empfangshalle, zwei kosmetische Behandlungszimmer und einen Aufenthaltsraum für das Personal.
Lucia Miglio: Bei diesem Projekt war der Auftraggeber besonders offen und begeisterungsfähig – sowohl in der Entwurfs- als auch in der Ausführungsphase. Die einzigen Fixpunkte waren die Signaturfarben des Kosmetikgeschäfts und natürlich das Projektbudget. Ansonsten aber genossen wir grösste Gestaltungsfreiheit.
Foto: Beda Schmid
Foto: Beda Schmid
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Lucia Miglio: Die Trennwand sollte ursprünglich aus vorgefertigten Holzelementen gebaut werden, aber aufgrund des begrenzten Budgets war das nicht möglich. So haben wir sie letztendlich aus Gipskarton-Elementen umgesetzt. Diese wurden vor Ort hergestellt, was leider die Bauzeit etwas verlängerte.
Foto: Beda Schmid
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten eures Büros ein?
Filippo Berardi: Wir beschäftigen uns hauptsächlich mit öffentlichen Bauwerken. Insbesondere bearbeiten wir sehr gerne Wettbewerbe. Dies ist unser erstes Projekt im Bereich der Innenarchitektur.
Lucia Miglio: Neu waren für uns die Kleinheit des Eingriffs und die enge Zusammenarbeit mit dem Grafikdesigner. Wir mussten mit ihm eine gemeinsame Sprache entwickeln, die den Stil des Geschäfts einheitlich zum Ausdruck bringt.
Grundriss (© studio berardi miglio)
Studio Beaudax
Standort
Steinstrasse 75, 8003 Zürich
Nutzung
Kosmetikstudio
Auftragsart
Direktauftrag
Bauherrschaft
Privat
Architektur
studio berardi miglio, Zürich
Filippo Berardi und Lucia Miglio
Fertigstellung
2023
Fotos
Beda Schmid
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