Komposition in Lärche
Stefanie Girsberger
2. septiembre 2021
Foto: Lukas Murer
Stefanie Girsberger hat in Münster ein Nebengebäude für ein bestehendes Wohnhaus entworfen. Sie erklärt, welche Architektursprache sie für das kleine Bauwerk gefunden hat.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Die Bauherrschaft, verwurzelt in Münster im Goms, wünschte sich zu ihrem bestehenden Wohnhaus eine Doppelgarage und zusätzlichen Raum. Die Kombination von Haupthaus und dienendem Nebengebäude ist in den traditionellen Gommer Dorfstrukturen wenig vertreten. Die Herausforderung lag darin, eine einfache und selbstverständliche Sprache für das Gebäude zu finden, eine eigene Typologie.
Für mich persönlich war die Bauaufgabe insofern besonders, als es mein erstes Projekt war und neben dem von Gion A. Caminada sehr sorgfältig entworfenen Wohnhaus zu stehen kam. Caminada war mein Professor an der ETH Zürich. Bei ihm durfte ich auch diplomieren.
Das bestehende Wohnhaus und das neue Atelier im Dialog (Foto: Lukas Murer)
Blick von der Seite auf den Bau (Foto: Lukas Murer)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Nach wie vor orientiere ich mich immer wieder an Palladios Bauten, an der blossen Wirkung von Raum, Licht und Proportionen. Während ich mich mit dem Projekt befasste, weilte ich ausserdem zwischenzeitlich im indischen Himalaya, wo mich Klima und Geruch stark ans Goms erinnerten. Auch dort bauen die Menschen Häuser, Ställe und Speicher aus heimischer Lärche, jedoch nicht so häufig in Blockbauweise, sondern aufgelöst in Ständer und Bohlen. Die Kraft und die Eleganz dieser Bauten entspringen der konstruktiven Notwendigkeit.
In Münster reihen sich stattliche Wohnhäuser, Ställe und Speicher auf Stützen eng aneinander. Die Gebäude sind autonom und fassen zusammen den öffentlichen Raum. Am Dorfrand lichtet sich diese Struktur zunehmend. Die Setzung eines neuen Körpers neben dem Wohnhaus bot die Chance, zwischen den umliegenden, ortsfremden Bauten einen privaten Raum aufzuspannen.
Proportion, Gebäudeausrichtung, die Stütze, die Plattform und das ausladende Dach spielen mit den charakteristischen Eigenschaften der lokalen Ökonomiegebäude.
Im Atelier (Foto: Lukas Murer)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?
Der zunächst zweckfreie Raum wird aktuell als Atelier genutzt.
Der erste Entwurf wurde verworfen.
Abgesehen vom Stromanschluss und einem Aussenwasserhahn wurde gänzlich auf Haustechnik verzichtet. Angesichts von bis zu 300 Sonnentagen im Goms macht sich die Architektur die Wärmestrahlung zunutze. Im Winter scheint die flach stehende Sonne durch die hohe Fenstertüre im Süden, während im Sommer das auskragende Vordach Schatten spendet. Pfeift einmal der «unnere» oder «obere» Wind, können die Aussenläden in einem schützenden Winkel eingerastet werden.
Garage und Atelier bei Nacht (Foto: Lukas Murer)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Heimisches Lärchenholz prägt die Dörfer entlang des Rottens. Deshalb wurden alle der Witterung ausgesetzten Bauteile in Lärche realisiert, während das Konstruktionsholz Fichte ist, aus der auch die innere Verkleidung besteht. Details wie die Überlappung der Verkleidung tragen zu einem konstruktiven Holzschutz bei. Bis das neue Gebäude von der Walliser Sonne geschwärzt ist und sich auch farblich ins Dorfbild einfügt, dauert es noch eine Weile.
Situation
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Obergeschoss
Querschnitt
Atelier Münster
Standort
Eyestrasse 39, 3985 Münster
Nutzung
Garage und Atelier
Auftragsart
Direktauftrag
Bauherrschaft
privat
Architektur
Stefanie Girsberger Architektin ETH SIA, Zürich
Jahr der Fertigstellung
2018
Fotos
Lukas Murer