Nomadisches Format
Susanna Koeberle
13. February 2019
Raum von Angela Weber Möbel. Bild: Filippo Bamberghi
Die Nomad St.Moritz war zum zweiten Mal Gast in der Chesa Planta im Engadin und gab Anlass zu einigen Neuentdeckungen.
Das zweite Mal ist erfahrungsgemäss meist schwieriger als das erste: Die Erfahrung ist zwar da, aber die Frische ist weg. Nun denn: Die Nomad wagte es trotzdem, schliesslich war es genau genommen schon die vierte Ausgabe, da sich Nomad schon zwei Mal in Monaco abspielte. Der Travelling Showcase for Collectable Design – wie sich der nomadische Design-Event nennt – besiedelte vom 7. bis 11. Februar 2019 erneut die historische Chesa Planta im Engadiner Dorf Samedan (der Event schmückt sich allerdings mit der bekannteren Destination St.Moritz). Und er soll auch nächstes Jahr wieder dort stattfinden. Nach dem gelungenen Start im letzten Jahr waren die Erwartungen gross.
Bei der zweiten alpinen Ausgabe waren weniger Kunstgalerien als letztes Mal dabei, das tat der Qualität des Anlasses aber keinen Abbruch, schliesslich ist Kunst schon gut vertreten im Engadin. Zudem ist es gerade die überschaubare Grösse mit wenigen Ausstellern, welche den Besuch der Nomad besonders angenehm macht. Dass man sich im Vorfeld eigens anmelden muss (man legt wert auf das Wort Circle, das heisst auf einen erlesenen Kreis von Besuchern und Besucherinnen) und dabei Informationen (etwa über Sammelgebiete) weitergeben muss, kann abschreckend wirken. Daten sind heute das kostbarste Gut, egal in welchem Segment. Die Entwicklungen diesbezüglich sind durchaus bedenklich. Wer es spontan (und ohne Datenweitergabe) versuchen wollte, musste happige 40 Franken berappen. Darin inbegriffen war allerdings auch der Eintritt zu den interessant besetzten Gesprächsrunden. So gesehen wieder ok.
Martina Simeti zeigte Objekte, Schmuck sowie eine grosse textile Arbeit. Bild: Filippo Bamberghi
Architekten als DesignerDie Salon-Atmosphäre des Events ist tatsächlich einzigartig und passt auch gut zum Reduktions-Trend, den man derzeit gerade auch bei Messen beobachten kann. Wir sind übersättigt mit Waren und wollen uns wenigstens beim Konsumieren der Illusion hingeben, dass diese Tätigkeit in irgendeiner Form etwas Besonderes sei. Die Aussteller der Nomad lösten dieses «Problem» bestens. Denn schliesslich wollten sie ihre erlesenen Artefakte nicht nur zeigen, sondern auch an die Frau oder den Mann bringen. Kommerziell scheint die zweiten Ausgabe durchaus zufriedenstellend verlaufen zu sein, auch das Publikum erschien zahlreich. Man muss die Leute manchmal auch hinführen zu ihrem Glück. Und dank Führungen durch eine Designexpertin konnten sich Kaufwillige über das Sammelgebiet Design näher informieren. An der Auswahl schöner Objekte mangelte es wirklich nicht. Uns faszinierte vor allem das Angebot der belgischen Galerie Maniera. Sie hat sich auf Möbel und Objekte von Architekten und Künstlern spezialisiert. Eine Glas-Leuchte und ein Travertin-Tisch des niederländischen Architekturbüros Studio Anne Holtrop stachen besonders ins Auge, aber auch die «Metro Lamp» von Piovenefabi aus Italien hätte man am liebsten gleich mitgenommen. Günstig zu haben waren lustige pilzförmige Betonhocker von Arno Brandlhuber.
Tisch und weisse Leuchte von Studio Anne Holtrop, rote Leuchte von Piovenefabi, Teppich von Christoph Hefti. Bild: Filippo Bamberghi
WunderkammernBesonders hervorzuheben sind auch die beiden unter der Kategorie Special Projects ausstellenden Galerien Martina Simeti und Angela Weber Möbel. Das Thema der jungen Zürcher Galeristin war das Gegenüberstellen von skandinavischen und italienischen Möbeln aus den 30er- und 40er-Jahren. Die präsentierten Entwürfe zeugten von einem sicheren Auge für aussergewöhnliche Stücke, die trotz ihres Alters erstaunlich modern wirkten. Eine wahre Schatzkammer war der schlichte Raum der Mailänder Galeristin Martina Simeti. Sie zeigte unter anderem eine Auswahl von aparten Entwürfen des Schweizer Schmuckkünstlers Bernhard Schobinger. Seine Ringe etwa stellte sie in einem alten Eierhalter aus, der zum Inventar der Chesa Planta gehörte. Auch die Keramikobjekte der französischen Künstlerin Sylvie Auvray haben eine besondere Anziehungskraft; sie gleichen modernen magischen Kultobjekten. Doch dass die Künstlerin einen banalen häuslichen Gegenstand wie einen Besen in ein Objet d’art verwandelt, spricht für ihren Sinn für Humor. So macht man den Hausherrn zum Zauberlehrling.
Wer nicht bis nächsten Februar warten möchte, kann die Nomad übrigens bereits im September 2019 auf ihrer nächsten Station in Venedig besuchen.
Design aus den Alpen war bei diesem Raum das Motto. Stücke von Charlotte Perriand und Carlo Mollino waren zu sehen. Bild: Filippo Bamberghi
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