Konflikte um die Finanzierung bedrohen Luzerner Vorzeigeprojekt

Manuel Pestalozzi, Redaktion Swiss-Architects
12. April 2023
Das schützenswerte Rote Haus auf dem Gelände des einstigen Röhrenlagers soll erhalten bleiben. Es wird dereinst als Quartierstreff Teil der neuen Anlage sein. (Visualisierung: © Filippo Bolognese Images)

Auf dem ewl Areal in Luzern soll ein sozial und ökologisch nachhaltiges Stadtquartier entstehen. Das Projekt Rotpol auf dem Gelände südöstlich des Hauptbahnhofs ist das Ergebnis eines mehrjährigen Planungsprozesses. Getragen wird es von den drei Hauptnutzerinnen, die zugleich Eigentümerinnen und Bauherrinnen sind: der ewl Energie Wasser Luzern Holding AG, der allgemeinen baugenossenschaft luzern (abl) und der Stadt. Sie halten je ein Drittel der Aktien der ewl Areal AG, die eigens für die Realisierung des Vorhabens und den anschliessenden Betrieb gegründet wurde.

Was soll in den nächsten Jahren geschehen? Die abl plant 90 gemeinnützige Wohnungen. Viva Luzern möchte 60 altersgerechte Wohnungen realisieren, in denen Services für Reinigung, Einkaufen, Betreuung und Pflege bezogen werden können. Die drei städtischen Dienstabteilungen Tiefbauamt, Umweltschutz und Geoinformationszentrum sollen auf dem Areal neue Büroräume erhalten. Geplant ist auch eine neue Feuerwache für die Berufs- und Milizfeuerwehr inklusive eines Standorts für die Zivilschutzorganisation ZSOpilatus und eines Stützpunkts für den Rettungsdienst des Luzerner Kantonsspitals. Für das Strasseninspektorat und Stadtgrün schliesslich werden Aussendepots erneuert beziehungsweise ergänzt. Das sanierungsbedürftige ewl-Gebäude aus dem Jahr 1975 soll dazu abgebrochen und ersetzt werden. Das historische Rote Haus indes, das im Bauinventar des Kantons Luzern erfasst ist, wird erhalten bleiben. Künftighin soll es einen Treffpunkt für die Menschen im Quartier aufnehmen. Die Architektur der Überbauung stammt von den Büros Masswerk und E2A Architekten.

Probleme beim zweiten Finanzierungsschritt

All das tönt positiv, doch nun bereitet die Finanzierung des ehrgeizigen Projekts den Verantwortlichen Kopfschmerzen: Der Stadtrat hatte Ende Februar vom Grossen Stadtrat mehrere Sonderkredite mit einem Gesamtvolumen von 133 Millionen Franken beantragt. Diese Summe liegt höher als zunächst erwartet, was mit dem ungünstigen Zinsumfeld und der bewusst niedrigen Gesamtrendite von nur 2,6 Prozent erklärt wurde. Verwendet werden sollte das Geld für mehrerlei: Die ewl Areal AG sollte ein Darlehen von 50 Millionen Franken erhalten, das über 40 Jahre zurückzuzahlen gewesen wäre. Ihr Aktienkapital sollte ausserdem von 6 auf 45 Millionen Franken erhöht werden, was für die Stadt eine zusätzliche Investition von 7,8 Millionen Franken bedeutet hätte. Der Mieterausbau für die städtischen Nutzungen sollte ferner mit einer Einmalzahlung abgegolten werden. Und schliesslich wird Geld für die Miete sowie die Neben- und Betriebskosten der städtischen Nutzungen benötigt. Am 18. Juni dieses Jahres sollte das Stimmvolk über die Sonderkredite entscheiden.

Ende März jedoch hat die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Stadtrats dem Parlament einstimmig den Antrag gestellt, den Bericht und Antrag «ewl Areal AG: Zweiter Finanzierungsschritt» zur Überarbeitung zurückzuweisen. Warum? Das Bau- und Immobilienunternehmen Halter, der Totalunternehmer beim Projekt Rotpol, hat der ewl Areal AG einen angepassten und vor allem deutlich höheren Kostendach-Werkpreis präsentiert. Die Kosten für die Realisierung steigen demnach um 31,5 Millionen Franken oder anders ausgedrückt: um satte 16 Prozent. Bericht und Antrag des Stadtrats beruhen damit auf einem hinfällig gewordenen Businessplan. Zu überprüfen ist nun insbesondere, inwiefern sich die gestiegenen Kosten auf den Finanzierungsbedarf der Stadt Luzern auswirken. 

Verärgerung und Schuldzuweisungen

«Die massive Kostensteigerung liegt im klaren Widerspruch zu früheren Bestätigungen des Totalunternehmers und ist für die ewl Areal AG inakzeptabel», so die entrüstete Bauherrschaft gegenüber dem Portal Immobilien Business. «Aufgrund des Umstandes, dass noch im Januar 2023 der offerierte Kostendach-Werkpreis bestätigt wurde, konnte und durfte die ewl Areal AG nicht mit einer derart massiven Preiserhöhung rechnen, zumal die Grundlagen, mit denen die Preiserhöhung teilweise begründet wird, seit Langem bekannt waren.»

Bauherrschaft und Totalunternehmer schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Es wird sogar spekuliert, dass es über die Kostensteigerung zur Kündigung des Vertrages zwischen beiden kommen könnte. Gewiss ist einstweilen aber nur, dass vor der Verwirklichung des Projekts Rotpol noch viele hitzige Debatten und ein langer politischer Weg stehen. Wichtig scheint, dass die Finanzierung völlig transparent gehandhabt wird und schlussendlich die Unterstützung der Bevölkerung geniesst. Es bleibt zu hoffen, dass das durchmischte 2000-Watt-Areal dereinst trotz allem Realität wird und die für den Moment schwierige Situation nur einen zu überwindenden Rückschlag darstellt.

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