Die Zürcher Kunstgesellschaft setzt auf frischen Wind
Elias Baumgarten
16. July 2021
Foto © Jacqueline de Haas
Ann Demeester wird neue Direktorin des Kunsthauses. Die Erwartungen sind hoch, stehen mit der jungen Literaturwissenschaftlerin die Zeichen doch auf Erneuerung.
«Ich freue mich, dass der Vorstand der Empfehlung der Findungskommission einstimmig gefolgt ist und sich für eine vielseitig erfahrene, kompetente und charismatische Führungspersönlichkeit entschieden hat. Ann Demeester verfügt über das Talent, ein Museum als kreatives Zentrum zu etablieren und den Teamgeist zu fördern.»
Anne Keller Dubach fand zur Begrüssung herzliche Worte für Ann Demeester, die zum 1. Januar 2023 die Leitung des Zürcher Kunsthauses übernehmen und die Nachfolge von Christoph Becker antreten wird. Die neue Präsidentin der Zürcher Kunstgesellschaft dürfte erleichtert sein: Für sie, die sie als Mitglied der neunköpfigen Findungskommission starken Einfluss auf die Wahl hatte, war die Neubesetzung der Direktorenstelle die erste richtig grosse Bewährungsprobe. Und sie scheint geglückt: Ann Demeester verspricht frischen Wind nach Zürich zu bringen. Nicht jeder hatte Anne Keller Dubach das im Vorfeld zugetraut. Denn die Wunschkandidatin von Walter Kielholz stand bei ihrem Amtsantritt früher im Jahr eher für Kontinuität denn Veränderung.
Ann Demeester wechselt vom Frans-Hals-Museum im niederländischen Haarlem ans Kunsthaus. Die Belgierin wird schon im nächsten Jahr nach Zürich kommen und dann zunächst über ein Jahr hinweg eingearbeitet. Sie konnte sich gegen vierzig weitere Bewerber*innen durchsetzen, und der Vorstand hat die Empfehlung der Findungskommission, der unter anderem auch die Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist, Sheena Wagstaff vom New Yorker Metropolitan Museum und Achim Borchardt-Hume von der Tate Modern in London angehörten, einstimmig angenommen – warum? Die Literaturwissenschaftlerin und anerkannte Kunstkritikerin weiss besonders gut, wie man alte Meisterwerke mit Gegenwartskunst zusammenbringt und eine traditionelle Sammlung in einem zeitgenössischen Kontext verortet. Davon kann ein Haus, das beispielsweise die bedeutendste Sammlung von Werken von Alberto Giacometti (1901–1966) und die meisten Arbeiten von Edvard Munch (1863–1944) besitzt, gewiss profitieren. Sehr wertvoll ist sicher auch Demeesters Fähigkeit, den Fachdiskurs in einer für alle verständlichen Sprache zu führen, die sie als Journalistin unter Beweis gestellt hat. In den Niederlanden wird sie entsprechend als eine der wichtigsten Botschafterinnen für die bildende Kunst gehandelt. Und schliesslich, das sagt Anne Keller Dubach, war auch Demeesters Persönlichkeit ausschlaggebend. Sie gilt als charismatisch und führungsstark, man traut ihr zu, Teamgeist und Vertrauen am Kunsthaus zu stärken. Es wird spannend, ob die junge Professorin für Kunst und Kultur die hohen Erwartungen erfüllen kann.
Christoph Becker indes verlässt nach 23 Jahren das Kunsthaus Zürich. Er verabschiedet sich mit einer Schau über Niki de Saint Phalle (1930–2002), die am 2. September 2022 eröffnet wird und bis 8. Januar 2023 laufen soll.
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