Bühne frei für Schweizer Design

Susanna Koeberle
12. April 2019
Der Auftritt von Pro Helvetia im Palazzo Litta. Bild: Raphaelle Müller

Am «Salone del Mobile» trifft sich die ganze Designwelt. Auch die Schweizer sind mit verschiedenen Präsentationen Teil dieses Events der Superlative. Dank der «Swiss Design Map», die vom Schweizer Konsulat initiiert wurde, können sich interessierte Besucher*innen mit einem Flair fürs Helvetische einfach zurecht finden. Unter den Abertausenden von Ausstellern ist die Schweizer Präsenz beachtlich. Darunter befinden sich Schulen (sehr gelungen ist die spielerische und doch Gedanken anregende Ausstellung der HEAD), Brands (wie Qwstion bei «Alcova»), Galerien (dazu gleich zwei Tipps: Ormond Edition in der 5vie und die Ausstellung «Flat Fold Bend» der Nov Gallery im Spazio Rossana Orlandi) oder Entwürfe von Schweizer Designer*innen (etwa die neuen Stücke von Jörg Boner für COR). 

Pro Helvetia zeigt die Arbeiten von 11 jungen Designstudios, welche für die Ausstellung in Milano neuere Entwürfe präsentieren. Einige davon widmen sich sozialen Designthemen wie etwa das Notrufsystem «Caru» von Studio Porto. Dank einem Sensor wird der Alltag von älteren Menschen registriert. Bei Auffälligkeiten kann «Caru» mit der Person Kontakt aufnehmen und im Notfall Hilfe anfordern. Oder Reto Togni, der gleich zwei engagierte Projekte vorstellt. Der Designer macht zurzeit ein PhD an der ETH Zürich. Wie kann Design Vertrautes und Neues vereinen? Das ist eine der Fragen, die ihn umtreibt. Im Palazzo Litta zeigt er seinen Rollstuhl «Reagiro», der sich mit dem Körpergewicht steuern lässt statt wie üblich durch die Arbeit beider Arme. Ein wegweisendes Produkt, welches das Leben von Menschen mit einer Behinderung vereinfacht. An von Armut und Krieg Betroffene richtet sich «Instant Window», ein Kit, das eine einfache Methode zur Abdichtung von Fenstern ermöglicht. Auch dieses scheinbar einfache, doch durchdachte und aufwendig getestete Produkt, führt vor, wie Designlösungen einen direkten Einfluss auf den Alltag von Verbraucher*innen haben können. Definitiv mehr als Wohnzimmerbehübschungen.

«Instant Window» von Reto Togni. Bild: Raphaelle Müller

Für den öffentlichen Raum gedacht sind die modulare Bank «Parallel» der beiden ECAL-Abgänger Salim Douma und Victor Guittet. Auch das modulare Regal «Stora» von Matthieu Girel eignet sich für Büros oder öffentliche Institutionen, da es sich schnell an veränderte Bedürfnisse anpassen und ebenso problemlos abbauen und transportieren lässt. Weitere Entwürfe zeichnen sich durch einen erforschenden Umgang mit den Möglichkeiten von Materialien und Herstellungsverfahren aus. Dazu gehören etwa die Beistelltische «Juratuf» der Designerin und Kunstschmiedin Bertille Laguet. Sie hat mit dem Material «Designflex», experimentiert, wodurch echter Stein biegbar wird. Studio Ilio hat ein neuartiges Produktionsverfahren entwickelt, das Drähte in solide Volumen verwandelt. Für die Fertigung ihrer «Hot Wire Extensions» verwenden Fabio Hendry und Seongil Choi Abfallprodukte aus dem 3D-Printing-Prozess.

Bank «Parallel» von Douma Guittet, dahinter ein Tisch von Bertille Laguet. Bild: Raphaelle Müller

Der Fuorisalone in Milano ist gerade für viele jüngere Designer*innen eine Möglichkeit, ihre Arbeiten erstmals einem internationalen Publikum zu präsentieren. Gerade deswegen sind ein ansprechender Rahmen und eine aussagekräftige Szenographie wichtig für solche Auftritte. Dies ist im Palazzo Litta gelungen. Nicht nur Newcomer, auch Schweizer Brands und KMUs können von einer kollektiven Präsentation profitieren. Für zukünftige Auftritte dieser Grössenordnung und Relevanz wäre eine verbesserte Koordination mit anderen Schweizer Organisationen allenfalls neu zu überdenken.

Ansprechende Szenographie von bureau svdp. Bild: Raphaelle Müller

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