«Where Are the Women Architects?»
Sabine von Fischer
13. Juni 2016
Bild: placesjournal.org
Falltüren, bröckelnde Geländer und gläserne Decken: Die Architektur der Geschlechterrollen ist voller Hindernisse. Despina Stratigakos, Professorin an der Universität Buffalo, zeichnet in einem Büchlein nach, wie Frauen in marginale Rollen gedrängt werden – und wie sie sich emanzipieren.
Welcher Pritzkerpreisträger wurde im Guardian als grippegeplagtes Arbeitstier mit schlechter Laune und schweissigen Händen portraitiert? Die bis heute einzige Pritzkerpreisträgerin, die alleine ausgezeichnet wurde, Zaha Hadid im Jahre 2004 (2010 dann Sanaa als Team). Zum Vergleich: Bis heute haben 48 Frauen den Nobelpreis erhalten. Warum das so ist, kann niemand in einem Abschnitt erklären – doch zu sagen gibt es einiges. Die Ursachen und Umstände des krassen Geschlechterungleichgewichts in der Architektur unterliegen teilweise relativ simplen Mechanismen, die durchaus benannt werden können. In «Where Are the Women Architects?» zeichnet Despina Stratigakos in fünf Aufsätzen an Beispielen aus Fachpresse, Universitäts- und Praxisalltag und sogar der Spielzeugindustrie nach, wie Frauen in marginale Rollen gedrängt werden, und wie sie sich daraus emanzipieren.
Katharina Pfeiffer, Deutschlands erste Maurerin. Bild: Ein weiblicher Maurergeselle, in: Die Frau im Osten, Nr. 15, 1912, 115.
Darin werden auch Gründe für die (noch) marginale Präsenz von Architektinnen auf Wikipedia offengelegt. So berichtet Stratigakos, dass im Handumdrehen und ohne die übliche Bedenkzeit Fraueneinträge als zu wenig bedeutend klassiert und gelöscht werden. Oder es wird zuweilen sogar behauptet, es hätte diese Architektinnen gar nie gegeben – was die Autorin nach ihren jahrelangen historischen Untersuchungen durchaus in Rage bringt!
Zeitgenössische und historische Episoden zur schwierigen Rolle, aber auch zu Mut und Aufbruch von Frauen in der Architektur sind in diesem kleinen Buch nachzulesen. Die fünf Aufsätze sind über die letzten Jahre im Online-Journal Places publiziert worden. Einer der Aufsätze, «Unforgetting Women Architects: From the Pritzker to Wikipedia», ist dort anlässlich der Publikation wieder aufgeschaltet. Darin ist die Kampagne zweier Harvard-Studentinnen zur nachträglichen Verleihung des Pritzkers an Denise Scott Brown rekapituliert.
Stratigakos Engagement beschränkt sich nicht auf Archive: Der dritte Text erzählt von Prototypen im Entwurfsstudio und von Verhandlungen mit dem Spielzeughersteller Mattel, welche mit einigen Umwegen zur Produktion einer Barbiefigur mit Beruf Architektin geführt haben. Womit sie das prominenteste der Rollenbild-Schlachtfelder der USA bespielt.
Was sich aufs Erste wie kalter Kaffee anhören mag, hat eine überaus frische Energie, kommt leicht daher und eignet sich bestens etwa als Reiselektüre: Despina Stratigakos, «Where Are the Women Architects?», Princeton University Press 2016; mehr hier.