Wegen Coronavirus Stadtplanung überdenken?
Manuel Pestalozzi
24. März 2020
Muss sich der Umgang mit Dichte wegen der Corona-Pandemie verändern? (Foto: Manuel Pestalozzi)
Die aktuelle Pandemie stellt auch gängige stadtplanerische Organisationssysteme infrage – insbesondere im Zusammenhang mit der baulichen Dichte. Schon preschen einige mit Meinungsbeiträgen vor: Eben äusserte sich Michele Acuto, der in Melbourne Stadtpolitik unterrichtet.
Momentan leben wir in einem Zustand der maximalen Entdichtung, wenn man so will. Soziale Kontakte sind zu meiden, sie sollen allenfalls virtuell stattfinden. Alle benötigen viel Bewegungsraum um sich herum – Mindestabstand: 2 Meter. Oder sie sitzen still in ihrem Kämmerlein. Die öffentlichen Verkehrsmittel werden plötzlich gemieden, das eigene Motorfahrzeug, aber auch das Velo erhalten einen neuen Wert.
Bereits ist in Folge der Pandemie eine Diskussion rund um das Dichtemanagement im Gange. Das Newsportal «punkt4» berichtet von einem Interview mit Michele Acuto, Direktor des Connected Cities Lab, einer Forschungseinrichtung an der Universität Melbourne in Australien, wo er globale Stadtpolitik lehrt. Das Überdenken der Verdichtung sei ein Schlüssel für das langfristige Überleben in einer pandemischen Welt, meint Acuto. Er stellt die Verdichtung an sich nicht infrage, macht sich aber Gedanken über deren Management, beispielsweise bei einer Pandemie, wie wir sie momentan erleben.
Angesichts der aktuellen Ereignisse stellt sich für Acuto die Frage nach einer Dezentralisierung bestimmter Dienstleistungen – etwa im Gesundheitsbereich, aber auch bei der Versorgung ganz allgemein. Das Coronavirus könnte den Ruf nach grösseren Redundanzen in urbanen Netzwerken verstärken und die Konzentration von Diensten aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen mit Argumenten der grösseren Versorgungssicherheit konkurrenzieren. Auch die Bedeutung der digitalen Kommunikationsmittel dürfte bei der Organisation der Stadt steigen. Dienste wie Tencent and AliBaba seien in der Lage, mitzuteilen, wer in einem bestimmten Quartier krank sei. Digitale Informationen dieser Art bestimmten die Entscheide von Menschen, meint Acuto, er erfahre das aktuell von Familienangehörigen und Freunden in Italien.