Wechselwirkungen

Manuel Pestalozzi
24. Juni 2024
Architektur inspirierte den zeitweiligen Bauhaus-Meister Paul Klee. «Betroffener Ort», 1922, Feder, Bleistift und Aquarell auf Papier und Karton, 30.7 × 23.1 Zentimeter (© Zentrum Paul Klee, Bern)

Bereits als 22-jähriger Kunststudent setzte sich Paul Klee (1879–1940) intensiv mit bildnerischer Konstruktionen auseinander. Nach einer ausgedehnten Italienreise in den Jahren 1901 und 1902, auf der er viele antike Bauwerke besichtigte, notierte er in sein Tagebuch, er habe nun die Bedeutung des Architektonischen und Konstruktiven für die bildenden Kunst verstanden. Das ist in einem Aufsatz des Kindermuseum Creaviva nachzulesen, das zum Berner Zentrum Paul Klee gehört. Thema des erhellenden Beitrags ist die Bedeutung der Architektur im Werk des Malers und dessen Auseinandersetzung mit der gebauten Umwelt.

Paul Klee, «Beride (Wasserstadt)», 1927, Feder auf Papier und Karton, 16.3/16.7 × 22.1/22.4 Zentimeter (© Zentrum Paul Klee, Bern)

Während Paul Klee sich also gerne mit Architektur beschäftigte, war seine Kunst eine wichtige Inspirationsquelle für etliche berühmte Architektinnen und Architekten seiner Zeit. Nicht selten kauften sie sich sogar Arbeiten des Künstlers. Die grösste Klee-Sammlung besass Ludwig Mies van der Rohe. Auch Lina Bo Bardi und Aldo van Eyck erwarben einige von Klees Darstellungen imaginärer Bauten. 

Eine Auswahl dieser Bilder ist bis zum 13. Oktober dieses Jahres in der Ausstellung «Fokus. Architektur mit Klee» im Zentrum Paul Klee zu sehen. Darin wird auf vielfältige Bezüge zwischen diversen Architekturentwürfen und Klees Werk hingewiesen: Carlo Scarpa zum Beispiel gestaltete 1948 eine Klee-Ausstellung im Rahmen der Biennale von Venedig. Der italienische Architekt übernahm wenig später künstlerische Kompositionsprinzipen von Paul Klee in seinen Entwürfen. Die bedeutenden Architekten der Nachkriegszeit wie Aldo Rossi oder Lisbeth Sachs begannen sich neben Klees Bildern auch mit seinen Schriften auseinanderzusetzen, wobei sie besonders dessen prozessorientiertes Schaffen interessierte. Das organische Formwerden der Natur wurde zu einer zentralen Referenz für sie und löste die rechtwinklige Strenge der Moderne auf. 

Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf den Arbeiten der bis anhin zu wenig bekannten Lisbeth Sachs, deren Werk jüngst entdeckt wird: Auch beim Schweizer Beitrag der Gruppe Annexe zur 19. Architekturbiennale von Venedig werden die Entwürfe und die Haltung der Schweizer Architektur-Pionierin eine besondere Rolle spielen. Konkret meint man zum Beispiel ihrem Kunstpavillon, den sie 1958 für die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) entwarf, anzusehen, wie sehr Sachs von Klees Bildern inspiriert wurde.

Die Architektin Lisbeth Sachs setzte sich intensiv mit Paul Klee auseinander. Ihr Kunstpavillon zur Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) aus dem Jahr 1958 lässt das erahnen. (Foto: Erica Müller-Rieder, 1958, gta Archiv, ETH Zürich)

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