Körperkult der Architekturmoderne
Ulf Meyer
15. April 2020
So soll die Anlage nach den Umbauarbeiten aussehen. (Visualisierung: Nightnurse Images)
Das Freibad «Ka-We-De» in Bern, das im Winter als Eisbahn dient, ist ein wertvolles Zeugnis moderner Architektur. Es wird saniert und umgebaut. Den Wettbewerb um die Gestaltung des Eingriffs hat das Büro Kast Kaeppeli gewonnen.
Zeugnis der ModerneBerlin hat das «KaDeWe», Bern das «Ka-We-De», kurz für Kunsteisbahn und Wellenbad Dählhölzli, direkt an der Aare beim Tierpark gelegen. Für den Umbau der denkmalgeschützten Anlage wurde ein Architekturwettbewerb veranstaltet, aus dem anfangs des Jahres das Basler Büro Kast Kaeppeli als Sieger hervorging. Es sieht einen sensiblen Umgang mit dem Baudenkmal vor. Die 1933 von Rudolf von Sinner und Hans Beyeler gestalteten weissen Flachdach-Bauten galten zur Bauzeit als «Treffpunkt für moderne, sportliche Körperkultur». Von Sinner (1890–1960) hatte in Dresden Architektur studiert und aus Deutschland das Neue Bauen in die Schweiz gebracht. Gemeinsam mit seinem Partner realisierte er hierzulande mehrere Sportanlagen: Nach seinem Gesellenstück, dem Tennis-Clubhaus «Neufeld» in Bern, entwarf er auch das Strandbad von Olten und die Erweiterung des Hallenbads «Sommerleist» in Bern.
Im Sommer wird das «Ka-We-De» als Freibad genutzt, im Winter diente es traditionell dem Eishockey; das Schwimmbecken wird dann zur Eisfläche. Bis 1967 war das Eisstadion die Heimspielstätte des SC Bern. Inzwischen hat der Verein in die Arena verlegt, und nur noch fünf Jahre lang trainiert der EHC Bern 96 im «Ka-We-De», bevor er umzieht und die Profi-Eishockey-Ära im Kirchenfeld-Quartier endet.
Die Anlage war zuletzt 1989 saniert und um eine 60-Meter-Rutschbahn sowie einen Garderobentrakt erweitert worden. Seither hat das Eisstadion eine Zuschauerkapazität von 250 Plätzen und das Schwimmbecken eine Wellenfunktion. Die Garderoben der Hockeyspieler nehmen viel Platz ein und werden im Sommer nicht genutzt.
Die Anlage soll künftig in neuem Glanz erstrahlen und aktuellen Erfordernissen angepasst werden. Die Stadt Bern führte eine Studie durch, bei der sechs Architekturteams gebeten wurden, ein Projekt auszuarbeiten. Die Sieger Adrian Kast und Thomas Kaeppeli sehen mehr Liegeflächen beim Garderobentrakt vor. Die Gebäudewand entlang des Beckens soll nach innen versetzt werden, davor sind neu Holzpritschen geplant. Die Liegeflächen werden in die Höhe wandern: Mit einer neuen Treppe wird das erste Obergeschoss erschlossen. Die Sonnenterrasse über dem Restaurant soll ferner eine Grill-Bar bekommen. Weil die Wassertiefe des Beckens bisher nur einen Meter beträgt, ist geplant, in der Mitte tiefere 25-Meter-Bahnen auszuheben und drei Sprungtürme zu bauen. Das Wellenbad soll saniert werden.
Im Winter bleibt das Schwimmbecken auch weiterhin ein Eisfeld. Dieses soll mit Bereichen für Familienhockey und Eisstockschiessen ergänzt werden. Im tieferen Schwimmbereich ist ein Holzrost vorgesehen, auf dem in Zukunft im Dezember ein Weihnachtsbaum und eine Eis-Bar aufgestellt werden sollen. Die Kosten des Umbaus werden auf CHF 27 bis 35 Millionen geschätzt. Der Baustart soll 2025 erfolgen. Danach wird Bern, so sind die Verantwortlichen, ein frisch saniertes Juwel der modernen Architektur haben, das von der Freikörperkultur der 1930er-Jahre zeugt.