Die Welt als Garten
Susanna Koeberle
4. Mai 2018
Der «Orto Botanico» von Palermo ist eine 15 der Ausstellungsörtlichkeiten in der Stadt. Bild: Cave Studio
Die «Manifesta 12» findet dieses Jahr in der sizilianischen Hauptstadt Palermo statt und wird von OMA (Office for Metropolitan Architecture) mitkuratiert.
In einer Welt, die immer globaler wird, kann man als Gegenbewegung dazu wieder eine Faszination für das Lokale und Kleinteilige beobachten. Dass der Garten die kleinste Parzelle der Welt und zugleich ihre Totalität darstellt, bemerkte schon der französische Philosoph Michel Foucault. Kaum erstaunlich richtet auch die diesjährige Manifesta ihren Blick auf das Thema Garten. Die europäische nomadische Biennale findet dieses Jahr in Palermo statt und steht unter dem Motto «The Planetary Garden. Cultivating Coexistence». Künstlerischer Leiter des Anlasses – der Mitte Juni eröffnet und bis Anfang November dauert – ist Ippolito Pestellini Laparelli, Partner bei OMA, dem holländischen, international agierenden Architekturbüro. Für die kuratorische Arbeit wurde ein neuer Begriff erfunden, der des «kreativen Mediatoren». Zum kuratorischen Team gehören neben Pestellini Laparelli auch Bregtje van der Haak, Andrés Jaque und die Zürcher Kuratorin Mirjam Varadinis. Das Konzept der Manifesta 12 wurde vom französischen Botaniker, Gärtner (das Wort Landschaftsarchitekt mag er nicht) und «Gartenphilosophen» Gilles Clément inspiriert, der in seinem Buch «Der planetarische Garten» die Dringlichkeit einer neuen Wahrnehmung unserer Erde aufzeigte. OMA hat im Vorfeld eine Studie zur Stadt Palermo gemacht: «Palermo Atlas» sieht die sizilianische Hauptstadt als «Knotenpunkt geografischer Bewegungen, welche Menschen, Kapital, Güter, Daten, Samen und Keime betrifft. Bewegungen, die häufig unsichtbar und unkontrollierbar sind», wie es im kuratorischen Konzept des Teams heisst. Der Garten wird dabei als Ort verstanden, der unterschiedliche Lebensformen vereint. Diese mischen sich und passen sich gegenseitig an: Ein Bild, das man schön auf das Zusammenleben von Menschen übertragen kann.
Im «Teatro Garibaldi» wird es auch ein Café geben. Dort sollen auch verschiedene Events stattfinden. Bild: Cave Studio
Ende April wurden zehn beteiligte Künstler sowie ein paar neue Örtlichkeiten bekannt gegeben. Neben den bereits bestätigten Teatro Garibaldi (der auch als Treffpunkt für öffentliche Events dienen wird), dem Orto Botanico, der Piazza Magione, der Chiesa di SS. Euno e Giuliano und dem Palazzo Butera kommen neu hinzu: Zen (Zona Espansione Nord), Pizzo Sella, Palazzo Forcella De Seta, Palazzo Ajutamicristo und Palazzo Costantino. Die Biennale wird über 30 speziell für die Manifesta 12 in Auftrag gegebene künstlerische Arbeiten umfassen. Wie sich dieser Anlass auf die gebeutelte Stadt auswirken wird, wird sich erst im Verlauf der Biennale zeigen. In Athen jedenfalls kam es letztes Jahr anlässlich der Documenta zu einem nicht ganz unproblematischen Aufeinanderprallen zwischen der Kunstcrowd und der lokalen Bevölkerung. Das Ziel, Palermo als «Laboratorium für die Herausforderungen unserer Zeit» zu beleben, ist jedenfalls hoch gesteckt. Aber bietet sicherlich auch die Chance einer spannenden Auseinandersetzung mit dieser aussergewöhnlichen Stadt.