Der Umgang mit Kritik

Manuel Pestalozzi
21. Februar 2017
Bild: Manuel Pestalozzi

Eigentlich kommt der Beitrag im Tages-Anzeiger im Internet ganz unschuldig daher: Garniert mit Visualisierungen des Schulhauses Schützeareal, der neuen Kriminalabteilung in Zürich West und einer Photo vom Polizei-Ausbildungszentrum Rohweisen, macht er die Feststellung, dass die Stadt hohe Millionenbeiträge für die Projektierung von Neubauten ausgibt und dass im Parlament die Kritik an dieser Praxis wachse.
 
Kritisiert werden primär der Planungsaufwand, der für hohe Ansprüche (2000 Watt-Gesellschaft etc.) geleistet werden muss. In der angrenzenden Agglomerationsgemeinde Opfikon oder in Uster gehe das viel billiger, moniert man. Auch Architekturwettbewerbe werden als Kostentreiber genannt. Nach Äusserungen von Ratsmitgliedern von SVP und FDP (letzteres Direktor des Zürcher Hauseigentümerverbands) kommt «von der anderen Seite» ein Kollege von der Alternativen Liste (AL) zur Wort: «Braucht es wirklich für jede kleine Teilsanierung ein Planerwahlverfahren und für jeden Zweckbau einen Wettbewerb?» lautet seine rhetorische Frage.
 
Der Reporter machte sich die Mühe, Zürichs Hochbaudepartment mit diesen Kritikpunkten zu konfrontieren. Dort sieht man keinen Handlungsbedarf und glaubt sich auf dem rechten Weg. Der höhere Planungsaufwand führe zu grösserer Kostensicherheit, wird versichert. Primär sei es eine Frage, wie man rechnet, unter dem Schlussstrich seien öffentliche Bauten in Zürich nicht teurer als anderswo. Der Artikel überlässt es den Leserinnen und Lesern, ihre Schlüsse zu ziehen.
 
Fake News? Düstere Propaganda-Machenschaften? Wer die Meldungen unter Architekten auf Facebook verfolgt, könnte es fast meinen. Man reagiert auf die Kritik, als hätte jemand in einer Kathedrale laut gefurzt: piquiert, gehässig, humorlos. Kompetenz und Lauterkeit der Kritisierenden werden infrage gestellt, Crash-Kurse für die Ignoranten, die offenbar nicht rechnen könnten, angeboten. Das ist ja alles gut und recht und fällt in die Kategorie der freien Meinungsäusserung. Trotzdem drängt sich angesichts dieses (mitnichten repräsentativen) Mini-Shitstorms die Stilfrage auf: Wie möchten Architektinnen und Architekten in der Öffentlichkeit auftreten und gesehen werden? Wie bringen sie sich in die Politik ein? Und mit welchen Argumenten kämpfen sie für ihre Standpunkte?
 
Zweifellos ist für engagierte Architektinnen und Architekten der Kampf für das ortsgerechte gebaute Unikat und für bewährte Wettbewerbsverfahren von existenzieller Bedeutung. Aber man sollte von ihnen und insbesondere von ihren Berufsverbänden erwarten können, dass sie sich mit Kritikpunkten, wie sie im Artikel geäussert werden, konstruktiv und auf eine gewinnende Weise auseinandersetzen. Dies schliesst eine kritische Replik mit Gegenargumenten doch keineswegs aus.

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