Wie geht es dem Immobilienmarkt so?
Jenny Keller
6. Dezember 2012
Platzt die Blase oder nicht? Bild: welovedesign.ch
Gibt es eine Immobilienblase in der Schweiz? Und wenn ja, wann platzt sie? Jenny Keller hat anlässlich des Schweizer Immobilienkongresses letzten Monat Expertenmeinungen zum Thema zusammengetragen.
Die schlechte Nachricht vorweg: Erhöhte Risiken im Bereich der Renditeimmobilien seien laut Donato Scognamiglio, CEO des Zürcher Immobilienberatungsunternehmens IAZI AG, auszumachen. Die Preise in diesem Segment hätten den Stand von Ende der 1980-er Jahre erreicht, damals hatte sich vor allem bei den Büro- und Gewerbeimmobilien eine Preisblase entwickelt, begünstigt durch eine spekulativ ausgerichtete Bautätigkeit. Diese Blase hat sich dann auch auf den Mietwohnungsbereich vergrössert. Bis sie so gross war und platzen musste.
Die gute Nachricht: «Die aktuelle Situation ist mit der damaligen allerdings nicht zu vergleichen», sagt Scognamiglio. Nicht die Aussicht auf schnelles Geld verursache die hohen Preise, sondern die Bevölkerungsentwicklung (Zuwanderung) und der Anlagenotstand der Investoren.
Bild: marinrealestateblog.com
Alles ist möglich
Und nun wird es kompliziert. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Preise in nächster Zeit erst recht ins Astronomische steigen, ist laut IAZI ebenso hoch, wie die Aussicht, dass ein Preiszerfall stattfinden könnte. Das mache es den Märkten (die leider nicht hellsehen können und mit ihren Vorhersagen nicht immer ins Schwarze treffen) schwierig, meint Scognamiglio. Im Falle einer andauernden Depression, die durch die europäische Schuldenkrise ausgelöst werden könnte, würde die Zuwanderung rasch gestoppt, was zu einem Sinken der Immobilienpreise – ohne dass je eine Blase bestanden hätte – führe. Ganz einfach, weil dann ein Überangebot an Mietwohnungen vorhanden wäre. Wenn man nun aber den Wohnungsbau drosselt, und das Szenario der Depression tritt nicht ein, dann würden die Wohnungen in der Schweiz unbezahlbar und es entstehe ein zweites Monaco. Die IAZI AG geht nun eher davon aus, dass sich die Marktlage beruhigen wird, gibt aber zu bedenken, dass beide Szenarien möglich sein könnten.
Wer bis hierhin gelesen hat, wird mit einem grandiosen «Computerspiel» belohnt. Dafür einfach aufs Bild klicken - und den Ton anstellen.
Keine Angst vor der Blase
Unlängst hat die CSL, eine Immobilienfirma mit Tätigkeit in der Immobilienentwicklung, der Bauherrenberatung, der Bewertung und dem Verkauf bis zu Erstvermietung und Bewirtschaftung von Liegenschaften ihren Wohnmarktbericht veröffentlicht. Dieser zeigt, dass die Ängste vor einer Blase im Grossraum Zürich übertrieben sind. Zwar seien die Mieten hier auch 2012 angestiegen, allerdings deutlicher weniger als noch im Vorjahr und das wegen der sinkenden Nachfrage. Dieser Trend dürfte sich 2013 fortsetzen, schreiben die Experten in ihrem Bericht. Eine Überbewertung sei vor diesem Hintergrund deshalb eher klein. Auch sei abgesehen von gewissen «Hotspots» erschwinglicher Wohnraum in Miete und Eigentum verfügbar (!). Wir fragen uns wo, wenn man die Genossenschaften Zürichs einmal von der Aufzählung ausnimmt.
Der Hauptgrund für die Entspannung des Markts sehen die Verfasser des Wohnmarktberichts darin, dass viele Neubauten aufgrund der Zuwanderung erstellt worden seien, bei ihrer Fertigstellung 2011 und 2012 jedoch bereits wieder eine schwächere Nachfrage bestanden hat. Die träge Reaktion des Bausektors auf den Markt hat also geholfen, die Gefahr abzuwenden. Doch wissen wir nicht, wie viele im Moment entstehende Bauten in naher Zukunft zu einem noch grösseren Leerstand und damit zu einem Preiszerfall führen werden. Die CSL schreibt nur, dass die Baueingaben rückläufig gewesen seien.
Berechtigte Regulierung
Anleger und Investoren seien jedoch immer noch bereit, sehr hohe Preise zu zahlen und bei Bieterwettbewerben gewannen meist diejenigen, die die höchste Summe zu zahlen bereit waren. Weil jedoch die Banken eine eigene Finanzierungs- und Bewertungspolitik betreiben, und die Preise des Marktes nicht mehr als Basis für die Finanzierung verstehen, müssten Kaufwillige zusätzlich zu den 20 Prozent Eigenmittel (des von der Bank errechneten «realen» Wertes) zusätzliches Eigenkapital aufbringen, um die Lücke zum Marktpreis zu stopfen. Dieses Risiko sei vielen zu hoch, so dass die CSL vermutet, die Preise – insbesondere von Stockwerkeigentum – könnten unter Druck geraten.
Laut der NZZ am Sonntag vom 11. November antwortet Patrick Schnorf von Wüest & Partner auf die Frage, ob es eine Blase gibt, die eventuell bald platzt: «Nein.» Es handle sich um Preiskorrekturen, die für das Funktionieren der Märkte nötig seien. Nun bleibt uns nur zu glauben, dass all diese Prognosen stimmen.