Linien und Raum
Lütjens Padmanabhan Architekten
21. Oktober 2021
Talfassade (Foto: Stefano Graziani)
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten Terrassenhäuser in der Schweiz Konjunktur, dann ebbte das Interesse zunächst ab. Oliver Lütjens und Thomas Padmanabhan erklären, wie sie die Typologie nun bei einem Mehrfamilienhaus in Therwil neu interpretiert haben.
Herr Lütjens, Herr Padmanabhan, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Thomas Padmanabhan: Es ging darum, die in der Schweizer Nachkriegszeit beliebte Typologie des Terrassenhauses neu zu interpretieren. Wir haben das Terrassenhaus als einen Bautypus verstanden, welcher ein ambivalentes Verhältnis zum Ort und zur Landschaft hat. Das Terrassenhaus ist einerseits in die Topografie eingepasst und geht zugleich auf Distanz zur gewachsenen Kulturlandschaft.
Eingangssituation (Foto: Stefano Graziani)
Hangfassade (Foto: Stefano Graziani)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?
Oliver Lütjens: Das Projekt beruht auf einer rigorosen Optimierung der baurechtlichen Einpassung in die Topografie.
Wir haben im Laufe der Bearbeitung entdeckt, dass die Analyse der topografischen Bedingungen zu einer strukturellen, fast grafischen Planfigur führte, die dann in eine räumliche Dimension übersetzt werden musste. Statt die Zeichnung als Grundlage des Entwurfs mit der Zeit zum Verschwinden zu bringen, haben wir uns entschieden, das Gesamtprojekt in diesem Spannungsfeld von Zeichnung und Raum zu entwickeln, mit vielen Elementen, in denen die Zeichnung noch deutlich spürbar ist.
TP: Die Typologie des Terrassenhauses haben wir als zugleich landschaftsbezogen und ortlos begriffen. Die Tatsache, dass die Tiefgarageneinfahrt im Grunde der Haupteingang des Hauses ist, verstärkte unseren Eindruck, dass unser Terrassenhaus gleichermassen zu einer globalen suburbanen Realität gehört wie zum konkreten Ort.
Küche mit Wintergarten (Foto: Stefano Graziani)
Wohnraum (Foto: Stefano Graziani)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?
OL: Die Bauherrschaft war von Anfang an ein engagierter und interessierter Dialogpartner – von den ersten Vorstudien über einen zwischengeschalteten Studienauftrag bis hin zur Planung und Realisierung.
TP: Aufgrund der anspruchsvollen baurechtlichen Bedingungen erfolgte die Entwicklung des Entwurfs eher evolutionär, in kleinen Schritten, ohne grundsätzliche Projektänderungen.
OL: Vielleicht aufgrund der besonderen Bauaufgabe des Terrassenhauses gehört es nicht zu unseren figurativen Projekten, sondern eher zu einer Gruppe von Projekten, die von der Land Art beeinflusst sind.
Sicht aus dem Bad (Foto: Stefano Graziani)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
TP: Eine wichtige Idee war sicher, dass das Haus ein Artefakt ist, das aus vielen Einzelteilen zusammengefügt ist, und dass dies in seiner Architektur zum Ausdruck kommt.
OL: Wir haben auf unserer Erfahrung aus früheren Projekten mit Elementen aus einbrennbarem Metall aufgebaut. Wir hatten gelernt, dass gezielt eingesetzte Metallbauarbeiten wie Geländer und Vordächer ein kostengünstiger Weg sind, einem Gebäude einen komplexen Ausdruck zu verleihen.
Blick von der Terrasse (Foto: Stefano Graziani)
Situation
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Obergeschoss
Terrassenhaus Therwil
Standort
Neubergweg 16, 4106 Therwil
Nutzung
Mehrfamilienhaus
Auftragsart
Direktauftrag
Bauherrschaft
Benya Binnun, Jerusalem, Israel
Architektur
Lütjens Padmanabhan Architekten, Zürich
Fachplaner
Gebäudetechnik: Beat Joss & Partner, Basel
Sanitärplanung: HTP-Gutzwiller GmbH, Niederdorf
Elektroplanung: Edeco AG, Aesch
Bauleitung
Büro für Bauökonomie AG, Basel
Jahr der Fertigstellung
2020
Gesamtkosten BKP 1–9
CHF 7,25 Mio.
Fotos
Stefano Graziani