Mehrfamilienhaus Alte Kappelerstrasse
Innovation und Tradition
Andreas Pizza
28. März 2018
Giebelfassade aus Lochblech. Bild: Aurel Martin
Andreas Pizza hat letztes Jahr ein fast 300-jähriges Bauernhaus umgebaut. Der Architekt stellt sich unseren Fragen.
Ort Alte Kappelerstrasse 2, 8926 Uerzlikon ZH
Nutzung Mehrfamilienhaus
Auftragsart Direktauftrag
Bauherrschaft Margrit und Moritz Häberling
Architektur Andreas Pizza Architektur, Zürich
Fachplaner Bauphysik: EK Energiekonzepte AG, Zürich | Denkmalpflegerische Baubegleitung: Annegret Diethelm Büro AD&AD, Affoltern am Albis und Cevio
Jahr der Fertigstellung 2017
Fotos Aurel Martin, Zürich
Der neu interpretierte Ökonomieteil. Bild: Aurel Martin
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Das fast 300-jährige Wohnhaus mit Ökonomieteil im Ortsbildschutzperimeter von Uerzlikon wurde zu einem Dreifamilienhaus umgebaut. Der bauliche Eingriff war gross, da die Bausubstanz und die Statik in einem sehr schlechten Zustand waren. Wegen seiner komplexen Entstehungsgeschichte und dem hohen Anteil an historischer Bausubstanz war von Anfang an klar, dass es sich um eine ausserordentliche Bauaufgabe handelte.
Die Herausforderung lag darin, eine zeitgenössische Wohnqualität zu schaffen, ohne die Typologie und den Charakter des Hauses zu verändern. Deshalb hat man sich entschieden, den ursprünglichen Wohnteil und dessen Mittelzone mit Feuerwand und Küche als solchen zu belassen und zu rekonstruieren. Im schmalen Ökonomieteil wurde eine kleine Wohnung mit grossen Fenstern eingebaut. Das Dach mit zwei langgezogenen Schleppgauben und einer lichtdurchlässigen Giebelfassade wurde zu einer loftartigen Wohnung ausgebaut. Alle drei Wohnungen erhalten so ihren eigenständigen Charakter.
Die lichtdurchlässige Giebelfassade. Bild: Aurel Martin
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Die Inspiration habe ich vor allem am Haus und in seiner Umgebung gefunden. Die Lichtspalten der alten Bretterverschalung haben mich zum Beispiel angeregt, die neue Giebelwand als lichtdurchlässige Fläche zu gestalten. Bei der Fassadengestaltung des Ökonomieteils habe ich die vorhandenen unterschiedlich grossen Öffnungen, die von den wechselnden Bedürfnissen der Nutzer diktiert wurden, aufgegriffen. Auch bei der Fassadenplanung des Wohnteils habe ich mich ausführlich mit den vorhandenen Proportionen der Öffnungen und der Fassadengliederung auseinandergesetzt. Die ruhige und homogene Dachlandschaft der benachbarten Häuser führten zur Entscheidung, zwei schmale und langgezogene Schleppgauben zu planen.
Detail verzinktes Metallfenster mit Olivengriff. Bild: Aurel Martin
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Der Ort hatte grossen Einfluss auf den Entwurf. Ort im Sinne von bestehenden Bauernhäusern, traditionellen Bauweisen, Umgang mit Materialien, Farben und Proportionen. Es ist mir wichtig, dass das neu interpretierte Haus in einen Dialog mit seiner Umgebung tritt.
Die Mittelzone im ursprünglicher Wohnteil. Bild: Aurel Martin
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Die Bauherrschaft hatte von Anfang an eine ganz klare Vorstellung vom Raumprogramm. Im Haus wurden drei Wohnungen eingebaut, die vermietet werden sollten. Die Nutzer waren während der Planung nicht bekannt. Das Projekt ist im stetigen Dialog mit den Bauherren entwickelt worden.
Ihr berufsbedingtes Fachwissen, ihre Liebe zum Detail und ihre Offenheit für unkonventionelle Lösungen haben den Entwurf positiv beeinflusst.
Detail Balkon als leichte Konstruktion. Bild: Aurel Martin
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?
Es ist das erste historische Objekt, das ich umgebaut und renoviert habe. Es war für mich ein grosses Privileg, diesem alten Gebäude neue architektonische Qualitäten zu verleihen. Daraus entstanden weitere ähnliche Aufträge.
Die genietete Stahltreppe der Dachwohnung. Bild: Aurel Martin
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Das Zusammenspiel von modernen und traditionellen Materialien: Das unbehandelte Lochblech der Giebelfassade, die verzinkten Metallfenster und die schlichte Stahltreppe der Dachwohnung in Kombination mit dem Täfer der historischen Stube, den breiten Holzriemenböden aus lokalen Weisstannen, dem Kalkputz des Fachwerks und den Bohlenwände der Fassade.