Ein neues Stück Dorf
Seiler Linhart Architekten
9. November 2023
Sicht von der Strasse auf den Spalihof mit Alt- und Neubauten (Foto: Rasmus Norlander)
Seiler Linhart Architekten haben das Dorf Sachseln weitergebaut. Ihre Umgestaltung des Spalihofs zeigt, wie Verdichtung auf dem Land aussehen kann. Søren Linhart spricht über die Architektur der Häuser und den Entwurfsprozess.
Herr Linhart, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Beim Projekt Spalihof in Sachseln wollten wir exemplarisch aufzeigen, wie eine Dorfverdichtung auf den verschiedenen baulichen wie gesellschaftlichen Ebenen mit zeitgenössischen architektonischen Mitteln gelingen kann. Vor allem das Implementieren des Entwurfs in die bestehende kleinteilige Dorfstruktur war eine grosse Herausforderung bei diesem Projekt.
Durchblicke in die Tiefe des neuen Dorfteils (Foto: Rasmus Norlander)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?
Leider sind vergleichbare Projekte in der Schweiz zurzeit rar. Das hat uns dazu bewogen, vor allem lokale historische Orte zu studieren, die unserer Meinung nach gut funktionieren und wertgeschätzt werden. Eine Erkenntnis im Planungsprozess war, dass es nicht um eine zentrale Entwurfsidee geht, sondern dass unterschiedliche Strategien notwendig sind, um ein neues Stück Dorf zu bauen und keine eintönige Siedlung.
Differenzierte Aussenbereiche zwischen privat und öffentlich (Foto: Rasmus Norlander)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Der Ort hat das Projekt massgebend und auf verschiedenen Ebenen bestimmt. Auf ortsbaulicher Ebene war uns wichtig, eine Verflechtung und räumliche Verbindung der Neubauten mit dem Bestand unter Wahrung der Massstäblichkeit Sachselns zu erreichen. Auf Häuserebene nehmen die Neubauten mit ihrem massiven Sockel und der feingliedrigen hölzernen Fassadenhaut Bezug auf die traditionellen Gebäude vor Ort. Auf der Detailebene schliesslich kamen lokale Materialien und Handwerkstechniken zum Einsatz, welche zwischen Alt und Neu vermitteln.
Jedes Haus hat einen eigenständigen architektonischen Ausdruck. (Foto: Rasmus Norlander)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?
Die Bauherrschaft führte zu Beginn freiwillig einen kleinen Studienauftrag durch, bei dem unter anderem auch die Denkmalpflege in der Jury sass. Das Verfahren war ein Schlüssel für die Qualitätssicherung des Projektes. So kam es später weder zu Einsprachen vonseiten der Nachbarschaft, noch wurden grundsätzliche Entwurfsentscheide infrage gestellt. Uns hat zudem bei vielen Planungsentscheiden geholfen, dass die Bauherrschaft langfristig denkt und keine Maximalrendite erwirtschaften wollte, da der Spalihof im Eigentum der Familie bleiben wird.
Die Eingangshalle im Neubau mit wertigen Materialien (Foto: Rasmus Norlander)
Die Tragstruktur der Neubauten ermöglicht unterschiedliche Grundrisstypologien. (Foto: Rasmus Norlander)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Als Hauptmaterial für das Projekt wurde lokales Holz verwendet. Das traditionelle, aber ebenso hoch technisierte Baumaterial verbindet ganz im Sinne des Entwurfs das Gestern mit dem Heute.
Jedes Haus erhielt eine andere Farb- und Fassadengestaltung, was für die Identität des Ortes entscheidend ist. Aber auch im Inneren der Bauten prägt Holz als Konstruktionsmaterial die Räume und ermöglicht problemlos zukünftige Nutzungsanpassungen.
Das historische Haus hat neue Raumqualitäten erhalten. (Foto: Rasmus Norlander)
Situation (© Seiler Linhart Architekten)
Grundriss Obergeschoss (© Seiler Linhart Architekten)
Schnitt (© Seiler Linhart Architekten)
Spalihof
Standort
Allmendstrasse 1, 3 und 5 sowie Brünigstrasse 67, 6072 Sachseln
Nutzung
Gewerbe und Wohnen
Auftragsart
Studienauftrag, 1. Rang
Bauherrschaft
Privat
Architektur
Seiler Linhart Architekten, Luzern und Sarnen
Projektleiter: Raphael Wiprächtiger
Fachplaner
Landschaftsarchitekt: freiraumarchitektur, Luzern
Holzbauingenieur: Pirmin Jung AG, Rain
Bauingenieur: CES Bauingenieur AG, Sarnen
Bauleitung
waber architektur realisation, Luzern
Fertigstellung
2023
Gesamtkosten BKP 1–9
CHF 6.8 Mio.
Gebäudekosten BKP 2
CHF 5.9 Mio.
Gebäudevolumen
6940 m3
Kubikmeterpreis
850 CHF/m3
Energiestandard
MuKEN
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Baumeister: B+B Bau AG, Sachseln
Holzbauer: Küng Holzbau AG, Alpnach Dorf
Elektro: Gasser Elektro AG, Alpnach Dorf
Sanitär: Odermatt Kerns AG, Kerns
Heizung: Stalder & Birrer AG, Ebikon
Fenster: Schreinerei Meier AG, Zell
Küchen: Schreinerei Roy Jakober GmbH, Sarnen
Metallbauarbeiten: Schlosserei Andreas Rohrer AG, Sarnen
Bedachungsarbeiten und Spengler: Von Rotz Gebäudehülle Plus, Kerns
Fotos
Rasmus Norlander