Auf den Spuren der Appenzellerhäuser

BDE Architekten
23. März 2023
Die Holzhäuser erinnern an ein traditionelles Kreuzgiebelhaus. (Foto: Jusuf Supuk)
Herr Brunnschweiler, Herr Supuk, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Philipp Brunnschweiler: Die Absicht der Bauherrschaft und der Ort prägen das Projekt. Es sollte Wohnraum für verschiedene Generationen entstehen – zu fairen Mieten im Dorfkern von Teufen. Die neuen Wohnhäuser bilden den Übergang vom Siedlungs- zum Landschaftsraum und ergänzen das typisch Appenzeller Ortsbild von Teufen. Die lokal verankerte Eigentümerschaft fühlt sich baukulturell dem Ort verpflichtet.

Wohnraum im Reihenhaus (Foto: Jusuf Supuk)
Treppenhaus mit erweitertem Zwischenpodest (Foto: Jusuf Supuk)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Jusuf Supuk: Die Appenzeller Baukultur war selbstverständlich eine grosse Inspiration für uns. Wir haben uns mit viel Begeisterung in das Thema eingelesen. Die Baukultur ist sehr vielfältig und hat eine lange Tradition. So hat jeder Ort seine Eigenheiten und Gesetzmässigkeiten. Wir entdeckten zum Beispiel, dass das Format der Holzschindeln nicht zufällig ist, sondern den Ortschaften zugeordnet werden kann. Die sorgfältige Recherche der Gebäude in Teufen war für unser Projekt wichtig.

Blick über die Appenzeller Hügellandschaft (Foto: Jusuf Supuk)
Wie haben Sie auf den Ort reagiert?


JS: Die zwei Häuser sind einem Kreuzgiebelhaus nachempfunden und fügen sich ohne Geländeanpassungen in die Landschaft ein: Die Wiese läuft bis an die Häuser heran. Das Mehrfamilienhaus orientiert sich typischerweise mit dem First Richtung Süden und weist vertraute Elemente auf. Bandfenster, Holzkassetten und handgespaltene Schindeln prägen sein Äusseres. Das Reihenhaus entspricht in seiner Form und Ausrichtung einem «Heidenhaus» und interpretiert dieses in spielerischer Art und Weise – abgestimmt auf die heutigen Wohnbedürfnisse.

Küche mit Bezug zur Veranda (Foto: Jusuf Supuk)
Stube mit typischen Bandfenstern (Foto: Jusuf Supuk)
Welche besonderen Anforderungen wurden gestellt und wie haben Sie diesen Rechnung getragen?


PB: Aufgrund der Lage direkt neben der Kernzone stellten die Behörden hohe Anforderungen an das Projekt. In der Baubewilligung wurden die Proportionen der Südfassade des Appenzellerhauses bemängelt: Die Brüstungen seien zu tief, dies sei nicht Appenzell-typisch. Es stimmt, die Fenster sind viel höher als bei historischen Appenzellerhäusern, aber interessanterweise denken viele Leute, das Haus sei nur saniert worden.

Galerie unter dem Dach des Mehrfamilienhauses (Foto: Jusuf Supuk)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?


JS: In der ursprünglichen Baueingabe hatte das Mehrfamilienhaus noch eingezogene Loggien an der Südfassade, so wie es im Appenzell für Neubauten empfohlen wird. Diese Variante hat uns jedoch nie wirklich überzeugt, weil der Aussenraum sich in die Bandfensterfassade «zwängte». Die seitliche Laube, wie wir sie auch in der Nachbarschaft vorgefunden haben, hat uns von diesem Zwang befreit und verschafft nun den Wohnungen im ersten Obergeschoss einen direkten Zugang von aussen.

Grosszügige Veranden erweitern den Wohnraum. (Foto: Jusuf Supuk)
Seitliche Veranden mit gedrechselten Eichensäulen (Foto: Jusuf Supuk)
Welche Überlegungen stecken hinter der Entscheidung für die eingesetzten Materialien?


PB: Die Verwendung von Holz für die Tragstruktur und die Fassaden nutzt den grössten Hebel für die Reduktion der CO2-Emissionen in der Erstellung der Gebäude. In Teufen wurde dies konsequent umgesetzt: Ab der Kellerdecke ist die gesamte Statik in Holz konstruiert, und für die Fassaden inklusive der Fenster wurde Fichtenholz verwendet. 

Eine Besonderheit sind die gedrechselten Eichensäulen der Lauben. Sie vermitteln den Eindruck einer Säule aus Stein – eine typische Eigenheit der Appenzellerhäuser. Verbreitet sind Holzverkleidungen als Lisenen, die Stein imitieren. So finden nachhaltiges Bauen und die Baukultur zusammen.

Der bestehende Holzschopf und die Wetterseite des Reihenhauses (Foto: Jusuf Supuk)
Umgebung (© BDE Architekten)
Grundriss Erdgeschoss (© BDE Architekten)
Grundriss Obergeschoss (© BDE Architekten)
Schnitt Mehrfamilienhaus (© BDE Architekten)
Schnitt Reihenhaus (© BDE Architekten)
Bauwerk
Wohnhäuser Engelgasse Teufen
 
Standort
Unteres Hörli 5, 7, 9, 11 und 13, 9053 Teufen
 
Nutzung
Mehrfamilienhaus, Reihenhaus
 
Auftragsart
Direktauftrag, 2019
 
Bauherrschaft
Tischhauser Immobilien AG, Bühler
 
Architektur
BDE Architekten BSA SIA, Winterthur
Philipp Brunnschweiler und Jusuf Supuk
 
Fertigstellung
2022
 
Kubikmeterpreis 
896 CHF/m3
 
Massgeblich beteiligte Unternehmer 
Appenzeller Holzbau, Appenzell 
 
Fotos
Jusuf Supuk

Vorgestelltes Projekt

VERVE Architekten GmbH SIA SWB

Zelthaus Biel-Bienne

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