Zhang Xi: «Service ist eine Einstellung, eine Philosophie»
Elias Baumgarten
19. de febrer 2020
Zhang Xi arbeitet in Shanghai und Zürich. (Foto © EXH Design)
EXH Design ist in China und der Schweiz erfolgreich. Das Team kokettiert mit dem Leitspruch «swiss qualitity and chinese speed» und setzt sich seit langem für Ressourcenschonung und Umweltschutz ein. Mit Partnerin Zhang Xi sprach Elias Baumgarten.
Apple oder Huawei, Xi?
Ich habe ein iPhone!
Beides
In Shanghai arbeiten 18 Leute für uns, in Zürich aktuell drei. Gerade haben wir neue Büroräume an der Tödistrasse bezogen und ein Redesign unserer Website vorgenommen. Wir arbeiten an Projekten im asiatischen Raum und in der Schweiz. Wir versuchen, dass immer ein Partner an jedem Standort präsent ist.
In China haben wir zum Beispiel den Hauptsitz für Roche in Shanghai mit sieben Gebäuden entworfen. Daraus resultierten viele weitere Aufträge für Laborgebäude, und chinesische Firmen engagierten uns für Bauten in der Schweiz, etwa die Zürcher Geschäftsstelle der ICBC (Industrial and Commercial Bank of China). Zudem planen wir viele Schweizer Botschaften und Konsulate. Gerade sind wir Lokalpartner für die neue Schweizer Botschaft in Peking. In der Schweiz haben wir chinesische Visa-Zentren in Bern und Zürich gestaltet. Und kürzlich wurden wir mit einigen österreichischen Konsulaten in China und dem südostasiatischen Raum beauftragt.
ICBC-Geschäftsstelle in Zürich, 2017 (Foto © EXH Design)
Foto © EXH Design
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Ihr nehmt nicht an Wettbewerben teil?
Nein, gerade offene Wettbewerbe lohnen sich ökonomisch nicht. Man investiert viel, doch nur wer gewinnt, hat einen Return. Da gibt es keinen Unterschied zwischen China und der Schweiz. Wir sind Unternehmer, wir müssen sehen, dass wir wirtschaftlich vorankommen.
Nein, es gibt dort viele Wettbewerbe. Der Unterschied besteht darin, dass die Jury-Entscheidungen hinter verschlossenen Türen fallen und sehr intransparent sind.
Roche Campus, Shanghai, 2010 (Foto © EXH Design)
Foto © EXH Design
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Lass uns gleich bei den Unterschieden bleiben: Eure Monografie von Eduard Kögel trägt den Untertitel «swiss quality – chinese speed». Im Westen wird noch immer gern über «China-Schrott» gespottet. Doch chinesische Firmen haben in Sachen Qualität rasant aufgeholt, zum Beispiel im Elektronikbereich.
In der chinesischen Bauwirtschaft gibt es noch sehr viel, worauf man mit dem Finger zeigen könnte. Die Qualität in der Schweiz ist wesentlich höher, vielleicht sogar die beste weltweit. Aber in China verbessert man sich stetig, ich denke, darauf kommt es an. Man darf niemals stehen bleiben! Es ist gefährlich, wenn man sich in der Schweiz auf dem erreichten Qualitätsniveau ausruht. Vieles geht hierzulande extrem langsam. Wann immer ich nach China reise, scheint dort alles anders; in Europa passieren ähnliche Veränderungen nicht in Jahren. Mit Ausreden kommt man nicht voran.
Wir versuchen, in China Schweizer Qualität anzubieten. Zugleich importieren wir etwas chinesischen Speed nach Europa – ohne Abstriche bei Güte und Verlässlichkeit. Wir haben viele Schweizer Bauherren, die das schätzen und sich mit unserer Haltung identifizieren. Allerdings: In China würden wir uns nie sagen trauen, wir seien schnell…
CTTQ Campus, Nanjing, 2018 (Foto © EXH Design)
Wie schwierig ist es, in China hohe Ausführungsqualität zu erreichen? An einem Gebäude arbeiten Architekt*innen ja bekanntlich nicht alleine…
Wir betrachten Architektur nicht isoliert als grafische oder bildhauerische Kunst. Wir fragen stets nach dem gesamten Ökosystem. Wir treten als TU auf, machen Haustechnikplanung und dergleichen mehr. Wir garantieren Kosten- und Zeitrahmen. Architektur heisst, eine optimale Lösung für alle Aspekte zu finden, man hat als Architekt*in eine Koordinationsfunktion. Schönes Design ist ein Nebenprodukt. Und um Missverständnissen gleich vorzubeugen: Ich finde Ästhetik nicht egal, doch zuweilen sollten Architekt*innen sich weniger wichtig nehmen. Die Verwirklichung ihrer Gestaltungswünsche kommt sicher nicht zuerst, sondern zum Schluss.
In China muss man sich auskennen und Geld in die Hand nehmen. Dann kommen die Sachen gut. Versucht man hingegen, um jeden Preis zu sparen, geschieht viel Pfusch. Aus diesem Grund arbeiten wir viel mit Standard-Lösungen und setzen an wenigen, sorgsam ausgewählten Punkten gezielt Highlights.
Chinesisches Visa-Zentrum, Bern, 2018 (Foto © EXH Design)
Foto © EXH Design
Lass uns zur Politik wechseln: Der chinesische Designer Shen Lei hat uns voriges Jahr im Interview gesagt, einzigartig an China sei die Möglichkeit, Neues zu testen, etwas zu riskieren. Die Leute würden das akzeptieren, selbst wenn es einmal Probleme gebe…
…also zu sagen, man könne in China ausprobieren… Ich weiss schon, einige sehen das so, gerade auch Wissenschaftler*innen, Ingenieur*innen und Gründer*innen von Start-ups. Man hat unter Umständen tatsächlich mehr Möglichkeiten als im demokratischen Westen. Aber bloss weil gewisse Freiheiten vorhanden sind, darf man das längst nicht ausnutzen. Architektur ist kein Spielplatz, wir haben eine riesige Verantwortung! Viele Gestalter*innen verstehen ihren Beruf gründlich falsch.
Hast du die Zähler auf unserer neuen Website gesehen? Sie zeigen, dass wir aktuell 21'281 Tonnen CO2 und pro Stunde 7'970 Megawattstunden Energie mit unseren Projekten einsparen. Klimaneutrales Bauen ist extrem wichtig für unsere Zukunft. Architekt*innen spielen dabei eine Schlüsselrolle: Wenn sie am Anfang eines Planungsprozesses keine Weichenstellungen vornehmen, wird später kaum mehr etwas in Sachen Klimaschutz geschehen. Wir setzen bei jedem Projekt das Energiekonzept an den Anfang aller Überlegungen – und das nicht erst seit die Klimakrise im politischen Diskurs angekommen ist. Wir brauchen in der Architekturszene dringend mehr Awareness und ein grundsätzliches Umdenken.
Umweltschutz muss an den Architekturschulen auf den Lehrplan. Student*innen sollten konkrete Beispiele gezeigt und erklärt bekommen. Ausserdem bin ich dafür, dass alle Baustoffe und -produkte ein CO2-Ranking erhalten.
In China passiert momentan viel in Sachen Umweltschutz, weil die Regierung es so möchte. Elektromobilität wird zum Beispiel stark gefördert, und wenn nötig werden sogar Fabriken aus Städten mit schlechter Luftqualität zwangsweise ausquartiert. Ich will ganz sicher nicht totalitäre Mittel promoten, doch etwas mehr Entschlossenheit würde der Welt guttun.