Wenn die Stadt rot erstrahlt
Katinka Corts
24. de juny 2020
Förderturm Zeche Zollverein, Essen (Foto: LK Aktiengesellschaft)
Seit Mitte März macht die Veranstaltungswirtschaft nahezu keinen Umsatz mehr. Alle Unternehmensbereiche, darunter Messen, Bühnenbau oder Konzertveranstalter, sind akut in ihrer Existenz bedroht. Tausende Lichtinstallationen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und weiteren Ländern sollen in diesen Nächten die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen.
First In, Last Out – die Veranstaltungswirtschaft war der erste Wirtschaftszweig, der von der Corona-Krise getroffen wurde und er wird mit hoher Wahrscheinlichkeit besonders lang an den Auswirkungen zu knabbern haben. Faktisch alle Unternehmen aus den Bereichen Veranstaltungstechnik, Catering, Bühnenbau, Messe sowie Konzertveranstalter, Künstler*innen und Einzelunternehmer*innen haben durch die in Deutschland ab 10. März 2020 geltenden Veranstaltungsverbote innert weniger Werktage ihre gesamten Auftragsbestände verloren. In der Schweiz ist die Lage ähnlich.
Mit der «Night of Light» soll gezielt die Aufmerksamkeit auf die Branche gelenkt werden. Auch Unternehmer*innen aus Belgien, Österreich und der Schweiz haben sich angeschlossen und beteiligen sich an der von Deutschland ausgehenden Aktion. Denn selbst wenn nach Beendigung der Krise eine hohe Nachfrage einsetzen sollte, kann der erlittene Verlust nicht mehr kompensiert werden. Die Veranstaltungswirtschaft ist zum Beispiel in Deutschland einer der grössten Wirtschaftssektoren, zählt rund 1 Million direkte Beschäftigte und erwirtschaftet einen jährlicher Umsatz von rund 130 Milliarden Euro. Rechnet man die Kultur- und Kreativwirtschaft mit ihren veranstaltungsbezogenen Teil- und Zuliefermärkten hinzu, so beschäftigen mehr als dreihunderttausend Unternehmen in über 150 Disziplinen mehr als 3 Millionen Menschen und erzielen einen Jahresumsatz von über 200 Milliarden Euro.
Für den Initiator der Aktion «Night of Light» und Vorstand der LK-AG Essen, Tom Koperek, steht die Veranstaltungswirtschaft in Deutschland und den Nachbarländern gleichermassen auf der Roten Liste der aussterbenden Branchen: «Die nächsten 100 Tage übersteht die Veranstaltungswirtschaft nicht! Die aktuellen Auflagen und Restriktionen machen die wirtschaftliche Durchführung von Veranstaltungen quasi unmöglich.» Die Branche vereint über 150 verschiedene Gewerke und Spezialdisziplinen und verfügt deshalb über keine einheitliche Lobby. Umso wichtiger sei es, so Koperek, für eine stärkere Wahrnehmung durch die Politik und Öffentlichkeit zu sorgen. Dies ist ebenfalls das Ziel der «Initiative für die Veranstaltungswirtschaft», die bereits am 6. März 2020 durch Sandra Beckmann ins Leben gerufen wurde.
Fernsehturm Berlin und Rotes Rathaus (Foto: LK Aktiengesellschaft)
Durch das vorläufige Verbot von Grossveranstaltungen in Deutschland bis 31. August und einen danach noch folgenden Vorlauf zur Planung von Veranstaltungen gibt es einen Umsatzausfall von 80 bis 100 Prozent über einen Zeitraum von mindestens acht Monaten. Auch hierzulande bleiben Events mit 1'000 Personen bis mindestens Ende August verboten. Es resultiert eine akute Insolvenzgefahr für die gesamte Branche. Es ist wichtig, auch die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen und zu verdeutlichen, dass die derzeitigen Hilfeleistungen in Form von Kreditprogrammen nicht ausreichen. Da diese Kredite nicht wertschöpfend investiert werden können, sondern zur Deckung von Betriebskosten aufgewendet werden müssen, führt dies nach dem Verbrauch der Kredite zu einer erneuten Zahlungsunfähigkeit in Verbindung mit einer Überschuldung der betroffenen Unternehmen und Einrichtungen, so Koperek.
Der Appell an die Politik zur Rettung der Veranstaltungswirtschaft kommt unübersehbar, laut und hell. Mehr als 9000 Gebäude in Deutschland, Belgien, Österreich und der Schweiz sind in rotes Licht getaucht und alle sind eingeladen, eigene Bilder der angestrahlten Objekte auf Facebook oder Instagram zu posten.
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