Lebensquelle
Susanna Koeberle
8. de novembre 2017
Das Gewinner-Projekt ist mehr als ein blosses Wasser-Management. Bild: LafargeHolcim Awards
Anfang Oktober wurden die Gewinner der LafargeHolcim Awards 2017 für die Region Südamerika bekannt gegeben. Eine der Gewinnerinnen, Loreta Castro Reguera, gibt im Gespräch Auskunft zum Projekt.
Dem Wort Management haftet schnell einmal etwas Technisch-Abstraktes an. Wenn also Loreta Castro Reguera, Gewinnerin (Gold) des LafargeHolcim Awards 2017 South America ihr Projekt bei unserem Treffen bescheiden als Water Management bezeichnet, dann hat das auf den ersten Blick wenig mit Architektur oder Städtebau zu tun. Dem ist aber nicht so. Die junge Architektin entwickelte zusammen mit ihrem Kollegen Manuel Perló Cohen an der UNAM (Universidad Nacional Autónoma de México) ein Wasser-Management-Konzept, das den öffentlichen Raum betrifft. In einer Favela der 22-Millionen-Metropole ist dieser nicht mit netten Grünflächen gleichzusetzen, sondern soll in erster Linie ein place of resilience (ein Ort der Resilienz) sein, wie Castro festhält. Urban design kann wesentlich dazu beitragen, die Lebensumstände der armen Bevölkerung zu verbessern.
Um uns die Bedeutung von Wasser zu erklären, holt sie weit aus und erzählt die Geschichte der Stadt als Geschichte des Wassers. Mexico City wurde nämlich auf Seen und Sümpfen gebaut. Ein durchdachtes Kanalsystem, das bereits in präkolumbischer Zeit existierte, regulierte den Wasserzufluss. Dieses sowie die Stadt selbst wurden allerdings im 16. Jahrhundert von den Spaniern zerstört – keine gute Idee, wie sich zeigte. Nach Jahren der Überschwemmungen beschlossen die spanischen Eroberer das Erstellen eines Tunnels, der das Wasser ableiten sollte. Der Bau dauerte mehrere Jahre und stellte sich als Fehler heraus. So die Kurzversion der Story. «Seither leidet diese Stadt unter dem Wasser-Paradox», erläutert Castro. Denn die Stadt kann mit einem Schwamm verglichen werden, der entweder überquillt oder vertrocknet. Ihr Projekt ist ein Ansatz zur Lösung dieses Problems.
Das Wasser ist immer noch da, aber es ist nicht sichtbar. Hier setzt Hydropuncture an, wie das Gewinner-Projekt auch heisst. Es basiert darauf, in benachteiligten Gebieten das Thema Wasserinfrastruktur mit dem öffentlichen Raum zu verbinden. Gerade Brunnen waren in allen Kulturen wichtige Treffpunkte. Die vorgesehenen Brunnen und Bassins sind einerseits gestalterisches Element, andererseits ermöglichen sie die Wasserspeicherung. Zum ganzheitlichen Entwurf gehören auch Parks. Es gelang den beiden Initiatoren, die lokale Regierung vom Nutzen ihrer Idee zu überzeugen. Auf diese Weise konnten sie vor fünf Jahren ein Pilotprojekt realisieren. Gerade die aktuellen Erdbeben haben gezeigt, dass die Qualität des öffentlichen Raums für eine Stadt und ihr urbanes Gewebe entscheidend für die Lebensqualität ist.