Hoch über Dietikon

Manuel Pestalozzi
4. de febrer 2016
Im Limmathof muss man den Kopf tief in den Nacken legen, will man einen Blick von der Limmat Tower-Spitze erhaschen. Bilder: Manuel Pestalozzi

Für das noch relativ junge Team von huggenbergerfries war das Projekt eine neue Erfahrung. Zuerst waren sie etwas enttäuscht, dass sie nicht das ganze Baufeld E bebauen durften, nachdem sie den Wettbewerb gewannen. Dies verriet Lukas Huggenberger seinen Gästen zu Beginn des Rundgangs im rund ein Geschoss über dem Strassenniveau liegenden Limmathof, der dem Baufeld E jetzt seinen Namen gibt. Die Nachbarbauten wurden von Harry Gugger und Max Dudler geplant. Der Kontakt mit letzterem empfanden die Turmbauer dann als Gewinn, da er wisse «wie man mit GUs umgeht».
 
Das Gebäude kennzeichnet das eigentliche Portal zum Quartier und wirkt auf den ersten Blick wie eine Hommage an Hans Kollhoff. Der einstige ETH-Professor war ja für den Gesamtplan des Limmatfelds zuständig und ist dafür verantwortlich, dass die Westfassade am Hauptboulevard mit einer hohen Kolonnade ausgestattet ist. Der im Grundriss fünfeckige Turm steigt aus einem Sockelbau auf und verjüngt sich durch zwei Abstufungen nach oben. Unten befinden sich Laden- und Gastronomieflächen, darüber auf der Strassenseite Büros und zum Hof Mietwohnungen. Die eigentlichen Turmgeschosse enthalten Eigentumswohnungen, in der zweigeschossigen Krone sind Maisonetten untergebracht. Diese Luxus-Appartments teilen sich auch das Dach, das durch schulterhohe Trennwände labyrinthartig unterteilt ist.
 

In der Lobby im Entree hängt ein prächtiger, doch leicht wirkender Ringleuchter.

Zwei Treppenhäuser und drei Aufzüge sind als separate Kerne angeordnet. Sie umringen die fünfeckigen Foyers, welche in den Geschossen die Wohnungszugänge zwischen ihnen erschliessen. Diese geschlossenen Räume wirken mit ihrem dunklen Natursteinbelag und der kreisrunden Deckenleuchte wie auch das Entree auf Strassenniveau sehr gediegen. Mit etwas Phantasie kann man sich vorstellen, dass die Geschossnachbarn hier gelegentlich edle Gemeinschaftsdiners veranstalten.
 
Die Wohnungen nehmen jeweils Eckbereiche ein und verfügen über eine Wohn-/Esszone mit einer offenen Loggia, die sich mit Glaselementen abschirmen lässt. Die Zugänge zu den teils etwas knapp bemessenen Zimmern sind häufig als kleiner Ankleide-Korridor organisiert, mit einer Nasszelle zur einen und einem Einbauschrank auf der anderen Seite. Die Fenster lassen sich auch in luftiger Höhe völlig normal öffnen, für gute Luft sorgt ausserdem die «Airbox», eine Haustechnikinvention des Arealentwicklers Halter.

Aus einer Maisonette-Wohnung fällt der Blick auf die Silhouette von Spreitenbach.

Der Limmat Tower ist, so kann man nach der Besichtigungstour resümieren, nicht ein «Kollhoff-Klon». Zwar lässt er sich in formaler Hinsicht und auch bei der Interpretation zeitgemässer Gediegenheit, etwa bei der Wahl der Oberflächenmaterialien im Innern, durchaus als Erzeugnis der entsprechenden Schule betrachten. Die Umsetzung zeigt aber eine Verspieltheit, die man bei den «Originalen» oft vergeblich sucht. Die Fassade, deren Erscheinung an die kubistische Architektur in Prag denken lässt, verdankt ihre Plastizität gefalteten Alucobond-Platten. Sie wirkt spürbar leicht und erinnert an ein Origami. Es wird sofort klar, dass in diesem Bau nicht Grossbürgerinnen und -bürger aus den 1920er-Jahren residieren, sondern Menschen, die im Hier und Jetzt leben und an das urbane Potenzial des Limmattals glauben.
 
Die Architekten haben sich, wie Hochparterre berichtet, selbst eine Turmwohung zugelegt. Die möchte sie für Kurzaufenthalter vermieten. Bei ihrer potenziellen Mieterkundschaft dachten huggenbergerfries nicht zuletzt an Kolleginnen und Kollegen, die auch mal einen Turm zu planen beabsichtigen und sich das Hochhausgefühl zu Gemüte führen möchten. Eine entsprechende Möglichkeit zu finden, erwies sich für sie bei ihren Turmrecherchen nämlich als schwer.

Architektengäste auf dem Turmdach.

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