Düsteres Zukunftsszenario
Jenny Keller
1. de juliol 2016
Da war die Welt noch in Ordnung: baustelle des Kölner Doms. Bild: Johann Franz Michiels - Uta Grefe: Köln in frühen Photographien 1847-1914, Schirmer/Mosel Verlag, München, 1988, ISBN 3-88814-294-6S, scan by Raimond Spekking, commons.wikimedia.org
Fachkräfte in der Baubranche seien dringend gesucht, schreibt bausinn.ch in einer Mitteilung anlässlich des «Endspurts bei der Lehrstellensuche» besorgt. Doch jeden will man nicht nehmen.
3'000 Lehrstellen seien momentan in der Schweiz in den Baubranchen offen. «Wenn es immer weniger Lernende und Fachkräfte gibt, wer soll in Zukunft die Pläne der Architekten und Ingenieure umsetzen, die 50'000 neuen Wohnungen und Tausenden Gewerbebauten pro Jahr bauen?», fragt man sich bei der Vereinigung bausinn* besorgt. Vielleicht, so denkt man, muss man umdenken, und weniger, dafür qualitäts- und sinnvoller bauen, die tausenden von Gewerbebauten, die danach leer stehen, werden ja nicht wirklich benötigt. Oder?
Die Energiestrategie des Bundes, die Digitalisierung, der Klimawandel und die Zuwanderung werden in den kommenden Jahrzehnten zu steigenden Ansprüchen der Fachkräfte im Bau führen, schreibt bausinn weiter. Dabei werde oft übersehen, dass es mit der Planung der Ingenieure und Architekten nicht getan sei. «Werden die Ideen und Pläne nicht sorgfältig umgesetzt, entstehen Zusatzkosten beim Bau, kommt es zu Unfällen und Spätschäden am Gebäude, der Kanalisierung, dem Tunnel. Die Kosten tragen die Bauherren und bei den öffentlichen Bauten letztlich die Steuerzahler.»
Vom Steuerzahler geht es dann weiter zur Politik: Dass der Bundesrat sich vorstellen kann, die fehlenden Lernendenden (sozusagen die Leerstellen) im Ausland zu rekrutieren, und dass «andere Politiker» die offenen Lehrstellen gar mit Flüchtlingen besetzen wollen, gefällt der Vereinigung bausinn aber auch nicht, denn «Fachkräfte im Bau benötigen gute Sprach- und Mathekenntnisse – auch für Flüchtlinge sind da mehrere Hürden zu nehmen.» Weshalb ein Beruf in der Baubranche bei den Lernenden nicht attraktiv genug ist, wird jedoch nicht hinterfragt oder beantwortet, wir lesen aber weiter, dass es rund 50 Berufe «im Bau» gebe, und oft Spitzenlöhne bezahlt werden. Rasche Karrieren seien keine Seltenheit. «Wer heute eine Lehre im Bau beginnt, leitet in spätestens fünf Jahren schon Baustellen und übt Kaderpositionen in Bauunternehmen aus.» Wären das nicht auch tolle Chancen für Zugewanderte?
*Trägerorganisationen von bausinn.ch sind: AM Suisse, Gebäudehülle Schweiz, der Schweizerische Baumeisterverband SBV, der Schweizerische Gerüstbau-Unternehmer-Verband SGUV, der Schweizerische Maler- und Gipserunternehmer-Verband SMGV und der Verein für Schweisstechnik SVS.