Die Testplanung für das Seeufer in Wollishofen stösst bei der Kibag auf Widerwillen
Manuel Pestalozzi
1. de febrer 2023
Der Engpass vor dem Areal des Kiesverarbeiters Kibag soll gemäss der abgeschlossenen Testplanung verschwinden. Die Stadt Zürich möchte an der Stelle der Industrieanlage einen Park bauen, doch die Eigentümerin plant auf ihrem Gelände profitable Wohnbauten – entsprechend einer früheren Absprache. Ärger ist vorprogrammiert. (Foto: Manuel Pestalozzi)
Das Seeufer in Wollishofen wirkt wegen der mit Graffiti beschmierten Industrieanlagen im herausgeputzt Zürich fremd. Doch das Gelände ist ein Filetstück. Nun möchte die Stadt dort statt Wohnhäusern einen Park bauen – zum Ärger der Eigentümerin.
Die partizipative Testplanung «Seeufer Wollishofen» fand unter der Leitung des Zürcher Amts für Städtebau statt. Gegenstand war die stadträumliche Entwicklung des Seeufergebiets zwischen der Landiwiese und dem Kulturzentrum «Rote Fabrik». Die Ideen werden nun weiterbearbeitet.
Bis zum Sommer dieses Jahres soll dem Stadtrat ein Masterplan vorgelegt werden. Ziel ist sodann, diesen zur verbindlichen Grundlage für die Umsetzungsschritte bis zum Jahr 2040 zu machen. Das Seeufer in Wollishofen verfügt bereits jetzt über einen durchgängigen öffentlichen Freiraum, der über einen Fussweg erschlossen ist. Dieser führt am Strandbad Wollishofen vorüber und endet bei der ehemaligen Wäscherei, die heute eine gemischte Überbauung ist. Dass das Gelände am See einst ein wichtiger Industriestandort war, ist nach wie vor zu spüren.
Das Begleitgremium der Testplanung empfiehlt, diese Uferzone in ihrer Vielfalt zu erhalten und künftig besser für die Allgemeinheit zugänglich zu machen. Die Expert*innen sehen das Seeufer als Ort für gewerbliche, aber auch für soziokulturelle und kulturelle Nutzungen. Längerfristig sei eine grosszügige Erweiterung des Freiraums in dem Gebiet notwendig, um der Nachfrage der Stadt- und Quartierbevölkerung sowie der besonderen Lage am See gerecht zu werden.
Die industrielle Prägung des Seeufers soll dabei erkennbar bleiben, die Erschliessung für Fussgänger*innen möchte man verbessern. Zusätzlicher Wohnraum habe im Rahmen der Testplanung in der Nachbarschaft der Roten Fabrik, des Gemeinschaftszentrums (GZ) Wollishofen und der öffentlichen Frei- und Grünflächen am See nicht zweckmässig angeordnet werden können, notiert die Stadt Zürich in ihrer Mitteilung zur abgeschlossenen Testplanung. Die entsprechenden Ruhe- und Rückzugsbedürfnisse seien mit den heutigen und den angestrebten Nutzungen nicht vereinbar. Diese Feststellung birgt Konfliktpotenzial.
Der gewünschte Verzicht auf zusätzlichen Wohnraum erbost die Landeigentümerin Kibag. In einem Artikel der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) wird in diesem Zusammenhang auf eine Abmachung zwischen der Kibag und der Stadt Zürich aus den 2000er-Jahren hingewiesen. Damals sei vereinbart worden, dass die Stadt einen Landstreifen erhält und damit die Chance auf eine durchgehende Ufergestaltung zwischen Roter Fabrik und GZ Wollishofen, wie sie heute tatsächlich auch besteht. Im Gegenzug dürfe die Kibag auf dem Gelände ihres Hauptsitzes dereinst Wohnhäuser errichten. Nun schwebt der Stadt aber eine Art Industriepark ohne Wohnnutzung vor.
Die Angst vor Streitigkeit um Lärmemissionen könnte einer der Gründe für die geänderte Haltung der Stadt sein. Doch die Kibag bleibt bei ihren Plänen. Ulrich Widmer, der CEO der Firma, sagte der NZZ: «Wir halten am Plan einer gemischten Wohn- und Gewerbenutzung fest.»
Man kann allerdings wahrlich darüber diskutieren, ob zusätzliche Wohnungen an diesem engen und vom Verkehrslärm stark belasteten Ort Sinn machen. Soll man trotz des Mangels an Wohnraum lieber darauf verzichten? Und in Anbetracht der Tatsache, dass das Seeufer mittlerweile vor allem für Freizeit und Erholung genutzt wird, bleibt auch die Frage, wie mit den baulichen Überresten der industriellen Nutzung umzugehen ist, mit einstigen Fabriken und Werkstätten. Momentan, so gewinnt man den Eindruck, werden sie musealisiert.