Die grosse Leere

Susanna Koeberle
20. 八月 2019
«Whiteout»-Performance «Staged» von Maria Hassabi (Foto © Roehrs & Boetsch)

Im Rahmen des Zürcher Theater Spektakels können Interessierte eine besondere Art der Vorstellung besuchen, die Performer*innen sind nämlich für einmal nur virtuell präsent. Man kennt Virtual Reality (VR) mittlerweile auch aus der Kunstwelt. Allerdings handelt es sich in den meisten Fällen um Animationen, das heisst um gemachte Bilder; es sind fast nie Aufnahmen von einem Geschehen, das reell stattgefunden hat. Das ist bei «Whiteout», einem für das NWR-Forum in Düsseldorf entwickelten Projekt, anders. Dieses neue Setting wurde von New Scenario (bestehend Paul Barsch und Tilman Hornig) konzipiert. Die beiden Künstler kuratieren Onlineausstellungen. Dieses virtuelle Format befremdet gerade beim Thema Aktionskunst, denn darum geht es bei «Whiteout». Gezeigt werden bei der auf digitale Kunst spezialisierten Zürcher Galerie Roehrs & Boetsch drei Positionen: Maria Hassabi, Christian Falsnaes und Va-Bene Elikem Fiatsi. Ihre Performances treffen in einem virtuellen Raum zusammen. Dieser wird als weisse Leere inszeniert – daher ist das Projekt nach einem winterlichen Wetterphänomen benannt, bei dem die Sicht durch Schnee und Nebel beeinträchtigt wird. 

Die «Whiteout»-Performance «Studio» von Christian Falsnaes, hier noch weit weg. Mit dem Stick kann man sich relativ nahe heranzoomen. (Foto © Roehrs & Boetsch)

Was also geschieht, wenn ich als Betrachter*in die VR-Brille aufsetze und mich in diese fremde Raumdimension begebe? Nach einem Countdown tauche ich in die weisse Leere ein. Ich werde instruiert, nach kleinen Punkten am Horizont zu suchen, denen ich mich mittels Manipulation des Sticks nähern kann. Ab diesem Moment werde ich Zeugin einer Performance. Die drei rund 10-minütigen Aktionen sind zwar sehr unterschiedlich, thematisieren aber direkt oder indirekt die Themen Körper und Identität. Dass dies in einem digitalen Medium geschieht, kann zugleich als Kritik an der Rolle des Digitalen verstanden werden. Paradoxerweise geschieht dies genau über die technischen Unzulänglichkeiten der filmisch festgehaltenen und als VR gezeigten Performance. Entgegen der bei VR üblichen Bewegungsfreiheit und der Möglichkeit eines Perspektivenwechsels bleiben wir als Betrachter*innen wie eingefroren beim Betrachten der Körper der Performer*innen. Zudem ist die Bildqualität auch nicht optimal, was die Distanz zum Erlebnis erhöht. Man fühlt sich quasi als Voyeur*in. Diese Entrückung macht auch den Reiz des Projekts aus. Die Grenze des Digitalen im Bezug auf das Medium Performance wirft die Frage nach der Dokumentation dieser Kunstform auf. Als Ergänzung zu den «reellen» Vorführungen am Theaterspektakel kann das spannend sein. Die Zukunft der Virtual Reality-Kunst hat erst begonnen.

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