Vorher. Nachher

Jenny Keller
6. 五月 2015
Vorher... Bild: © Swiss Home Staging GmbH

Der erste Eindruck zählt. Auch beim Kauf einer Immobilie. Handelt es sich um eine Wohnung oder ein Haus, das bereits bewohnt war, kann die persönliche Einrichtung der Vorbesitzer zu einem schlechten Bauchgefühl und damit zu einem negativen Kaufentscheid der Interessenten führen. In leeren Räumen fehle den Miet- oder Kaufinteressenten hingegen meist das Vorstellungsvermögen, wozu die Räume genau genutzt werden könnten, sagen die auf «Home Staging» spezialisierten Gesprächspartner, die als Quereinsteiger – mit einer Vorliebe für (Innen-)Architektur oder visuelle Gestaltung – ihren Beruf ausüben.

Nachher... Bild: © Swiss Home Staging GmbH

 «In der Schweiz ist die Dienstleistung noch jung», sagt Roger Furrer, der ursprünglich visuelles Design und Grafik studiert hat und seit zwei Jahren mit seinem Studio Furrer «Home Staging» betreibt. In den USA, wo seit längerem ein Angebotsüberschuss an Immobilien herrscht, wird «Home Staging» seit den Siebzigerjahren angewendet. Auch weil man dort festgestellt hat, dass sich inszenierte Immobilien erfolgreicher, das heisst schneller, verkaufen lassen. Die Prinzipien, die dafür eingesetzt werden, sind die gleichen wie bei Produktpräsentationen der Automobil-, Einrichtungs- und Modebranche, erklärt Furrer, der sich von der Deutschen Gesellschaft für Home Staging und Redesign (DGHR) in Wiesbaden zum «Home Staging Professional» ausbilden liess.

Nach dem Entrümpeln und Neutralisieren eines zuvor bewohnten Objekts wird mit «Home Staging» gezeigt, was möglich ist. Man darf die Tätigkeit nicht mit klassischer Inneneinrichtung vergleichen, denn im Gegensatz dazu hat man wenig kreativen Spielraum bei der Möblierung und Inszenierung. Ein Objekt wird in erster Linie für viele potenzielle Käufer ansprechend gestaltet. «Man muss schauen, dass man den Geschmack von 80 Prozent der Bevölkerung trifft, und darf bei der Möblierung nicht zu trendy sein.», sagt Ulrike Zendler von Swiss Home Staging.

Auch – oder vor allem – der erste Eindruck des Aussenraums zählt. Bild: © Studio Furrer/Home Staging Suisse

So beinhaltet die Aufbereitung einer Immobilie zuallererst das Herausschälen der Zielgruppe, erklärt Furrer, dessen berufliche Vergangenheit in Werbeagenturen dabei behilflich ist. Er ist mit seiner Firma vor allem in einem hochpreisigen Segment tätig: «Aktuell gerät der heimische Immobilienmarkt immer stärker unter Druck, und daher suchen Immobilienmakler innovative Lösungen, um ein Objekt schneller verkaufen zu können.»

Bild: © Studio Furrer/Home Staging Suisse

Ulrike Zendler stammt aus einer Architektenfamilie, studierte Marketing und vereint nun in ihrem Beruf beide Welten. Sie ist selbst immer wieder überrascht, dass möblierte Wohnungen besser verkauft werden als leere. Erst kürzlich sei in einer Liegenschaft die Erdgeschosswohnung verkauft worden, obwohl das Paar, das zur Besichtigung gekommen ist, eine Wohnung weiter oben kaufen wollte. Doch diese waren nicht möbliert. So kann es schon vorkommen, dass eine Musterwohnung immer wieder umzieht – bis das ganze Haus verkauft ist.
 
Aktuell hat Zendler 18 Objekte «aufbereitet», und dementsprechend braucht sie ein grosses Lager voller Möbel, das langsam aus allen Nähten platzt. Dieses Möbellager ist natürlich auch ein grosser Kostenfaktor, und Urike Zendler organisierte sich als Start-Up, das mit Investoren seine Kosten deckt.

Ist es wirklich so schwer, sich hier ein Bett vorzustellen? Bild: © Home Staging Schmidt

Anders ging Theo Schmidt vor, der vor seiner Tätigkeit als «Home Stager» 17 Jahre als Immobilienmakler in Holland tätig war, und dabei merkte, dass das Bauchgefühl bei einem Käufer entscheidend ist. Nun richtet er Objekte mit Kartonmöbeln (!) ein, «damit ein Interessent es sich besser vorstellen kann». Seit 2008 betreibt er «Home Staging» in der Schweiz, und in den letzten drei Jahren hat er mit seiner Firma Home Staging Schmidt insgesamt 126 Musterwohnungen «eingerichtet, umgestellt und aufgepeppt». Dank der Kartonmöbel entfallen bei ihm teure Anschaffungskosten, die Lagermiete, und er kann die Objekte auch selbst ohne Handlanger einrichten. Seine Tätigkeit zahlt sich für die Immobilienfirma oder einen Makler aus, denn anders als bei leerstehenden Objekten, kann sich ein potenzieller Käufer dank Möbeln – auch wenn diese nur Attrappen sind – und Accessoires, ein Bild von seinem zukünftigen Heim nach Hause nehmen, was dazu führt, dass es einen bleibenden Eindruck hinterlässt – und eher gekauft wird.
 
Über schlechte Architektur oder unglückliche Grundrisse sehen alle befragten «Home Stager» gelassen hinweg, wissen sie doch um die Macht ihrer Tätigkeit. «Die hoffnungslosesten Fälle, von der Einteilung her, mache ich am liebsten», sagt gar Theo Schmidt, und Roger Furrer würde einen Auftrag höchstens ablehnen, wenn sich das Objekt in einem sanierungsbedürftigen Zustand befindet, «denn ‹Home Staging› verdeckt keine baulichen Mängel und ersetzt keine Sanierung.»

Alles Pappe. Bild: © Home Staging Schmidt

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