Wein aus der Schublade

Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Die sehr alten Gebäulichkeiten und die über 150-jährige Geschichte der Staatskellerei machten diese Aufgabe speziell. Der Verkaufs- und Degustationsraum, den wir vorfanden, war mehr Spelunke als ein Raum mit einem passenden Ambiente für stilvolle Degustationen. Wir fanden optimale Voraussetzungen für ein spannendes Projekt vor, mit der Herausforderung eines knappen Budgets.


Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Der Ort und das Produkt an sich, das inspiriert und kreative Kräfte freisetzt, haben uns fasziniert. Ein für uns wichtiges Element im Entwurf war dabei der Küchentisch: ein Treffpunkt für gemeinsamen Genuss und spannende Gespräche. Dieser Tisch, als Stehtisch adaptiert, bildet das Herzstück des Raumes, gemeinsam mit der optischen Anlaufstelle, dem imposanten Luster aus Weinflaschen.

Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Die wundervolle Umgebung und das beeindruckende historische Gebäude haben uns dazu verleitet, den Raum nicht zu verbauen, sondern ihn von seinen Altlasten zu befreien. Mit wenigen aber starken Elementen haben wir den Raum neu «möbliert». Wir haben ihm seine Klasse zurückzugeben und dabei auch der Funktion für den Nutzer Rechnung getragen.


Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Der Raum soll nicht einfach der Weindegustation dienen, sondern als Multifunktionsraum auch für Firmenevents, Apéros oder ähnliche Veranstaltungen vermietet werden können. Es war uns dabei wichtig, eine klare Anlaufstelle zu schaffen, den Umraum jedoch so flexibel wie möglich zu belassen.

Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Bei der ersten Besichtigung waren einige Wände im Raum mit Holztäfer verbaut. Wir hatten vor, gewisse Wände ebenfalls wieder als Brüstung zu verkleiden. Als dann beim Abbruch unter dem Täfer und der Farbe prächtige Bruchsteinmauern zum Vorschein kamen, war schnell klar, dass sie sichtbar bleiben müssen. Wir konnten auf diese neue Situation eingehen und das Konzept entsprechend anpassen.
 

Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?
Der Degustationsraum ist eines dieser Innenarchitekturprojekte, welche sich vor allem durch die Produkteentwürfe von Möbeln und Leuchten auszeichnen. Auch hier gibt es einen Überraschungsmoment: Beim Öffnen der überlangen Schublade. Natürlich ist der Luster als kleines Augenzwinkern zu verstehen. Dieses Projekt soll wie andere Arbeiten des Bureau Hindermann die Kommunikation der Benutzer fördern, also das menschliche Bedürfnis, sich gegenseitig auszutauschen.


Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Massive Eiche, beim Degustationstisch. Mit seiner Länge von 5 Metern und der durchgehenden Schublade stiessen wir an konstruktive Grenzen. Er sollte möglichst filigran und ohne sichtbare Beschläge ausgeführt sein und auch bei schwankenden Temperaturen und variierender Luftfeuchtigkeit funktionieren. Nach einigen kleinen Anpassungen gelang es uns, jedem Besucher beim Öffnen der eindrücklichen Schublade ein kleines «wow» zu entlocken.