Semper sei Dank

Jenny Keller
26. novembro 2015
Screenshot via books.gta.arch.ethz.ch

Die ETH verdanke Semper den exzellenten Ruf ihrer Architektenausbildung. Es sei die Verbindung von technischem Know-how und kultureller Kompetenz, die Studentinnen und Studenten und renommierte Professoren noch heute an die ETH-Architekturfakultät ziehe. Doch als Semper 1855 ans damalige Polytechnikum berufen worden sei, sei die Bauschule wissenschaftlich-technisch und verschult gewesen. Er habe sie umgeformt in eine künstlerische und freiere Version nach dem Vorbild der Académie des Beaux Arts. «Semper setzte die Einrichtung von Ateliers durch, eigentlichen Lehrwerkstätten, in denen gearbeitet wurde, denn er war überzeugt, dass wissenschaftliche und künstlerische Arbeit im tätigen Schaffen zusammenfänden», schreibt die NZZ im Feuilleton vom 25. November.

Semper sei eine grossartige Fehlbesetzung gewesen, grossartig im Format aber eine Fehlbesetzung für die Schule und ihre Ausrichtung, wird Martin Tschanz ferner zitiert. Genau dieser Widerspruch der Lehrkonzepte mache noch heute das besondere Profil der Architekturabteilung aus, so Tschanz. Die NZZ fasst seine These später folgendermassen zusammen: «Kontinuierlich wird seit den Anfängen auch um das Profil zwischen Beaux-Arts-Tradition und technisch-mathematischem Curriculum gerungen und damit über die Stellung der Architektur zwischen Wissenschaft und Kunst gestritten.» Nur schade, dass das Gros der jungen Studentinnen und Studenten wohl weder etwas von dieser Tradition des Disputs weiss, noch davon profitiert. Am Ende zählt für die Studierenden der gute Abschluss, das schönste Modell oder Rendering und die harte Arbeit an der ETH – man wünschte sich, das Buch zu Beginn des eigenen Studiums gelesen zu haben. Oder will es wenigstens jetzt lesen. Es sei nämlich «höchst lesenswert» und lebe von der Anschaulichkeit der Sprache und von Tschanz' Erzählkunst.


Martin Tschanz: Die Bauschule am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich – Architekturlehre zur Zeit von Gottfried Semper. GTA-Verlag, Zürich 2015. 340 S., Fr. 58.–.

 

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