Neue Gemeinschaft im alten Bauernhaus

Felder Architektur
14. maio 2020
Foto: Ariel Huber
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Es ging darum, ein denkmalgeschütztes Gebäude für eine zeitgemässe Nutzung umzugestalten und es damit für die Zukunft zu erhalten. Dieses Anliegen verfolgen wir im Sinne eines nachhaltigen Weiterbauens übrigens bei allen unseren Sanierungen. 

Konkret waren zwei Aspekte besonders prägend: Zum einen war die vorgefundene Bausubstanz in einem sehr schlechten Zustand. Sie musste fast zur Hälfte ersetzt und mit einem Ersatzanbau ergänzt werden. Dabei haben wir einem ausgewogenen Verhältnis von Alt und Neu und einem dementsprechenden Gesamtausdruck besonders grosse Aufmerksamkeit geschenkt. Zum anderen entspricht die gewählte Nutzung – im Haus ist neu eine Grosswohngemeinschaft mit 14 Personen untergekommen – einem aktuellen Bedürfnis im Wohnbau und hat damit Modellcharakter. Die Stadt Zürich als Bauherrin wendete diese Wohnform beim Projekt zum ersten Mal überhaupt bei einer Altbausanierung an. Wir lieben die Idee, genau diese Wohnform in einem historischen Bauernhaus umzusetzen, welches notabene ursprünglich für eine offene Wohn- und Arbeitsgemeinschaft erbaut wurde.

Foto: Ariel Huber
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?


Das war der Dialog mit dem Bestand. Unser Ziel war eine Gegenüberstellung und Symbiose auf der räumlichen und materiellen Ebene. Wir haben die vorgefundenen Qualitäten der traditionellen Architektur in eine zeitgemässe Architektursprache übersetzt, ohne uns dabei durch Kopieren anzubiedern. Ein gutes Beispiel dafür ist der grosse, quergelegte Wohnraum im neuen Anbau, der in seinen Dimensionen, mit seiner Überhöhe und den Scheunentoren mit rautenförmiger Holzschalung an das Tenn des traditionellen Bauernhauses erinnert.

Im Zwischengeschoss: rechts die neue Treppe (Foto: Ariel Huber)
Wohn-Essraum im neuen Anbau (Foto: Ariel Huber)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Das im 16. Jahrhundert erbaute Wohnhaus «Alte Trotte» ist ein wichtiger Zeitzeuge im sich rasch verändernden Stadtquartier rundherum. Als historisches Bauernhaus erscheint es im heutigen urbanen Kontext als Fremdkörper. Wir haben daher versucht, durch architektonische Massnahmen das Gebäude besser in die Umgebung einzubinden. Zum Beispiel verleiht das angewandte Farbkonzept – eine Übersetzung der rustikalen Buntheit von traditionellen Bauernhäusern mit verwitterten Holzverschalungen und in Rot und Grün bemalten Holzwerken in eine Grauwertskala – dem Gebäude eine vornehme Eleganz und vermittelt damit zu den Nachbarhäusern. 

Neue Treppe mit Blick zum Eingang (Foto: Ariel Huber)
Gemeinschaftsküche (Foto: Ariel Huber)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Wie schon erwähnt, hat die durch die Bauherrschaft gewählte Wohnform den Entwurf massgeblich geprägt. Räume für eine Grosswohngemeinschaft in einem historischen Gebäude zu schaffen und dabei die robuste Grosszügigkeit der «Ökonomieräume» als Orte des Zusammenlebens und die gemütliche Privatheit der kleinen Kammern als solche des individuellen Rückzugs einander gegenüberzustellen, erzeugen ein ganz besonderes Spannungsverhältnis sowohl auf der räumlichen als auch der materiellen Ebene.

Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?


Wir konnten bereits verschiedene Sanierungen und Umbauten fertigstellen. Jedes dieser Projekte hat seinen eigenen Charakter. Beispiele sind das Stadtbad mit Hammam im Zürcher Volkshaus, eine Villa aus den 1960er-Jahren von Ernst Gisel und das aus dem 14. Jahrhundert stammende Altstadthaus am Zürcher Rindermarkt. Die «Alte Trotte» ist ein weiterer Beitrag in dieser Reihe. Generell hat jedes einzelne Projekt seine ganz spezifischen Eigenheiten und Qualitäten und wird damit zu einer Herausforderung und Bereicherung unseres architektonischen Schaffens.

Zimmer im Dachgeschoss (Foto: Ariel Huber)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Der Einsatz von robusten und nachhaltigen Materialien ist uns ein grosses Anliegen. Im konkreten Fall haben wir die qualitätsvollen Materialien des Bestands durch ebenbürtige neue Baustoffe ergänzt. Zum Einsatz kamen etwa Massivholz für Zimmermanns- und Schreinerarbeiten, Küchenfronten und Bodenbeläge, Sumpfkalkputz an Wänden und Decken, Terrazzoböden, Feinsteinzeugplatten in den Sanitärräumen und Schwarzstahl für die Treppe.

Treppenraum im Dachgeschoss (Foto: Ariel Huber)
Situation
Grundriss Erdgeschoss
Schnitt
Name des Bauwerks
Wohnhaus «Alte Trotte»
 
Standort
Nordstrasse 331, 8037 Zürich
 
Nutzung
Einparteienwohnhaus
 
Auftragsart
Planerwahlwettbewerb (2016)
 
Bauherrschaft
Liegenschaften Stadt Zürich
 
Architektur
Felder Architektur, Zürich
Projektleiter: Lukas Felder
Projektteam: Josianne Gsponer, Sabine Schaub
 
Fachplaner
Bauingenieur: timbatec Holzbauingenieure Schweiz AG, Zürich
HLKS-Planung: energiehoch4 AG, Zürich
Elektroplanung: Stutz und Partner Elektroplanung GmbH, Zürich
Bauphysik: aik Architektur und Ingenieur Kollektiv, Zürich
Landschaftsarchitekt: Ganz Landschaftsarchitekten, Zürich
Denkmalpflege: AFS Stadt Zürich Matthias Köhler, Zürich
Archäologie: AFS Stadt Zürich Urs Jäggin, Zürich
 
Jahr der Fertigstellung 
2019
 
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Baumeisterarbeiten: BWT Bau AG, Zürich
Fassadenputze und historische Putze: Meier-Ehrensperger AG, Zürich
Holzbau Montagebau: A. Steiner AG, Zürich
Holzbau äussere Verkleidungen: Bühlmann AG, Dietikon
Natursteinarbeiten: Bianco und Kiesalter, Winterthur
Fenster: Huber Fenster AG, Herisau
Historische Fenster: historfen AG, Herisau
Elektroanlagen: Steiner + Fäh, Zürich
Heizung und Sanitär: Sigrist + Partner, Zürich
Küchenbau und Schreinerarbeiten: Zimmerei Genossenschaft Zürich, Zürich
Gipserarbeiten: MRB Marc Rudolf Baumli GmbH, Zürich
Metallbau: Metall Werk Zürich AG, Zürich
Bodenbeläge Terrazzo: Brun del Re Terrazzo AG, Fällanden
Bodenbeläge Holz: Bütler Holzbau AG, Dübendorf
Plattenbeläge: Bolliger Plattenbeläge GmbH, Zürich
Malerarbeiten: Peter Ziebold, Zürich
 
Fotos
Ariel Huber, Lausanne / Zürich

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