Bildstrecke: Wohnen über dem Supermarkt
Ulf Meyer
21. december 2022
Foto: Marc Lins
In Österreich hat das Büro LAAC einen Supermarkt mit einem Wohnbau kombiniert. Das Projekt zeigt, dass die Transformation einer wenig zeitgemässen Typologie architektonisches Potenzial bergen kann.
Kathrin Aste und Frank Ludin haben zum 10-Jahr-Jubiläum von LAAC mit uns über ihre Haltung gesprochen. Zum Interview
Im Rahmen unserer Artikelserie «D-A-CH-Gespräche» diskutierten Kathrin Aste und Frank Ludin mit Sigrid Brell-Cokcan und Philippe Jorisch über die Auswirkungen der Digitalisierung auf Berufsbild und -profil. Zur Debatte
Die ersten Supermärkte entstanden in Tirol schon in den 1920er-Jahren. Doch durchsetzen konnten sie sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Städte funktionsentmischt geplant wurden und immer mehr Menschen ein eigenes Auto besassen. Heute findet man in jeder österreichischen Stadt und sogar in jeder grösseren Ortschaft landauf, landab einen eingeschossigen Supermarkt mit riesigem Parkplatz – wie überall in Mitteleuropa. Zeitgemäss sind diese Zweckbauten nicht: Sie verbrauchen viel Fläche, begünstigen ein hohes Verkehrsaufkommen und sind architektonisch meist völlig uninspiriert.
Wie aber lässt sich die Typologie weiterentwickeln, sodass weniger Fläche und Ressourcen verschwendet werden und man den Bauten künftighin architektonische Qualität bescheinigen kann? Das Team des Büros LAAC hat in Volders, das ostwärts der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck liegt, einen Supermarkt gestaltet, der zugleich auch Wohnbau und ein Treffpunkt für die Einwohner*innen Gemeinde ist.
Die Kombination aus Wohnhaus und Supermarkt ist keine neue Idee mehr. Doch der Neubau zeigt, dass der Wohnbau-Supermarkt-Bautypus architektonisches Potenzial besitzt und grundsätzlich sogar Stadträume formulieren könnte. Beim Umfeld von Supermärkten denkt man sonst an Pappballen, stinkige Altglascontainer, Fleischabfälle und LKW-Verkehr. In Volders wurden Ver- und Entsorgung in Bezug auf Anlieferung, Müll, Geruchsbelästigung und Schallschutz geschickt geplant. Die wirtschaftliche Logik der Supermarktbetreiber hat sich mit dem Bevölkerungswachstum und den steigenden Immobilienpreisen geändert. Der «Mehrwert» des neuen hybriden Bautypus ist eine Reaktion auf den Trend zum Onlinehandel. Denn ein örtlicher Kundenstamm erspart den Lieferdienst. Nahversorger als hässliche Kisten sind angezählt.