Arbons Bevölkerung sagt Ja zu zwei Türmen von Meier Hug Architekten

Manuel Pestalozzi
20. juni 2023
Das Projekt Riva sieht zwei Hochhäuser in Ufernähe vor. Die Wohn- und Hoteltürme nehmen auch öffentlich zugänglich Räume wie ein Restaurant, eine Bar, Säle oder Sitzungszimmer auf. (Visualisierung: Nightnurse Images © HRS)

Dass in Arbon leidenschaftlich gegen Hochhäuser gekämpft wird, überrascht eigentlich: Die auf die Römerzeit zurückgehende Kleinstadt am Ufer des Bodensees war für rund 100 Jahre auch eine Industriestadt, vor allem die beiden Standorte der Maschinen- und Fahrzeugfabrik Saurer prägten den Ort und seine städtebauliche Entwicklung massgebend. Das Zürcher Architekturbüro G. P. Dubois & J. Eschenmoser entwarf für das Unternehmen in den 1950er-Jahren nicht nur elegante Industriebauten, sondern auch eine Wohnanlage nach dem Vorbild der «Unité d’Habitation». Das Saurer-Hochhaus sieht den beiden bekannten Dubois-Wohnbauten in Zürich-Affoltern täuschend ähnlich.

Das Saurer-Areal ist seit über zehn Jahren ein Entwicklungsgebiet des Immobilienunternehmens HRS. Jenes ist auch Eigentümerin des Areals am Bodensee, das sich gleich gegenüber des Bahnhofs und des Saurer-Geländes befindet. Einst stand dort das Hotel Baer, im Volksmund auch «Baer-au-Lac» genannt. Es wurde in den 1960er-Jahren durch eine Grossüberbauung mit dem Hotel Metropol ersetzt. Die architektonisch eigentlich gelungene und von der Bevölkerung lange geschätzte Anlage des Architekturbüros Bächtold + Baumgartner aus Rorschach ist seit mehreren Jahren abgeriegelt. HRS plant an ihrer Stelle ein Verdichtungsprojekt. 

2013 wurde ein entsprechender Architekturwettbewerb lanciert. Das Büro Meier Hug Architekten gewann ihn mit dem Projekt Riva. Ausschlaggebend für den Erfolg waren damals der vergleichsweise kleine Fussabdruck des Gebäudes, die öffentliche Zugänglichkeit ringsherum und der freie Blick zwischen den beiden knapp 43 Meter hohen Türmen hindurch.

Deutliche Zustimmung nach langen Debatten

Doch gegen das Projekt regte sich Protest: Die Rede war von einer «Verschandelung» des Ortes. Gleichzeitig wurde die Frage aufgeworfen, ob das kompromisslos moderne Metropol-Gebäude aus den 1960er-Jahren nicht schützenswert sei. 2014 sprach sich das Arboner Stimmvolk jedoch gegen eine Aufnahme des Gebäudes in den Schutzplan aus. Einen Rekurs des Heimatschutzes wies das Thurgauer Departement für Bau und Umwelt ab. 

Am 18. Juni nun stimmte die Bevölkerung dem neuen Gestaltungsplan zu, und zwar mit 61,7 Prozent überraschend deutlich. Damit ist der Weg frei für die Verwirklichung des Wettbewerbsprojekts aus dem Jahr 2013. Die Gegner werden ihren Kampf gegen das Vorhaben nämlich aufgeben und nicht auf juristischem Wege weiterführen. – Das meldete unter anderem die Thurgauer Zeitung nach dem Urnengang. 

Bei HRS verlieh man der Freude über den positiven Entscheid in einer Medienmitteilung Ausdruck. Das jurierte Projekt des Architekturwettbewerbs sei nach den Wünschen und Vorgaben der Stadt Arbon konzipiert worden, heisst es dort. Es werde der Bevölkerung zahlreiche Vorzüge bieten, darunter ein Restaurant, eine Bar, eine Gartenterrasse, verschiedene Säle und Sitzungszimmer sowie einen öffentlichen Zugang zum Uferpark und zum Bodensee. 

Mit dieser Visualisierung präsentierte HRS im vorigen Jahr eine Alternative ohne Hochhäuser. (Visualisierung: © HRS)
Unattraktive Alternative – ein überzeugendes Argument?

Die HRS hatte «für alle Fälle» im vorigen Jahr ein Baugesuch für ein Alternativprojekt ohne Hochhäuser eingereicht. Es hätte alle baurechtlichen Vorgaben erfüllt und sich nach einem Nein zum Projekt Riva zügig umsetzen lassen. Öffentliche Nutzungen wie beim nun angenommenen Entwurf waren dabei nicht vorgesehen. Falls die Vorlage dieser wenig attraktiven Alternative also ein taktischer Schachzug war, so ist er gelungen. 

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