Wo spröde Architektur durch üppige Vegetation zum Wohnumfeld wird
Ulf Meyer
23. 2月 2022
Zum Hortus conclusus hin öffnet sich die Gartenfassade. Zwei Geschossplatten aus Beton spannen von Begrenzungswand zu Begrenzungswand. (Foto: Rafael Gamo)
Die neue Villa des Schweizer Botschafters in Mexiko ist fertig. Gestaltet haben den strengen Betonbau die Westschweizer Architekten von Fruehauf, Henry & Viladoms.
Bis anhin residierte der Schweizer Botschafter in Mexiko (bisher bekleideten ausschliesslich Männer dieses Amt) in einem 1952 erbauten Wohnhaus im Viertel Lomas de Chapultepec in Mexiko-Stadt. Es ist eines der teuersten Wohnquartiere der Megacity. Entlang von prächtigen Alleen sind dort repräsentative Villen aufgereiht. Nach einem halben Jahrhundert zeigten sich jedoch deutliche Mängel an dem Bau. Seine Konstruktion war für die seismisch aktive Gegend nur bedingt geeignet, auch funktional bestanden Unzulänglichkeiten. Darum beauftragte das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL), das für die Schweizer Auslandsbauten zuständig ist, 2017 das Architekturbüro Fruehauf, Henry & Viladoms (FHV) aus Lausanne mit der Neugestaltung der Villa. FHV bildete ein Team mit dem einheimischen Büro Blancasmoran.
Die Strassenfassade in Sichtbeton weist eine horizontale Faltung auf. (Foto: Rafael Gamo)
Vegetation als Point de vue (Foto: Rafael Gamo)
Foto: Rafael Gamo
Der Fussabdruck der alten Villa, die am Schnittpunkt des Paseo de la Reforma und der Dolores-Schlucht auf einem lang gestreckten Hanggrundstück stand, musste erhalten bleiben. Vom obersten Teil des Bauplatzes an der Strasse führt eine Kaskade von Terrassen und Treppen durch eine schöne Grünanlage hinab zu einem Bach. Dieser liegt 36 Meter unter besagtem Strassenniveau. Während die umgebenden Häuser im rechten Winkel zum Strassenverlauf liegen, steht die Botschafter-Villa schräg: Ihr Fussabdruck hat die Form eines Parallelogramms, das die ganze Breite des Grundstücks einnimmt.
Foto: Rafael Gamo
Foto: Rafael Gamo
Zur Strasse und den beiden Nachbargrundstücken links und rechts, also zu drei Seiten, schirmen massive Betonwände die Anlage gegen den Lärm der Stadt ab. Aber natürlich nicht nur das: Sie tragen auch wesentlich zur Sicherheit des Botschafters bei. Denn Bedrohungslage und Kriminalitätsrate sind in Mexiko anders als in Mitteleuropa. Von aussen wirkt das schroff und abweisend, doch im Inneren entsteht eine angenehm ruhige Atmosphäre. Die reiche Vegetation überall auf dem Grundstück und in der Anlage verstärkt diese Stimmung. Die Strassenfassade hat eine horizontale Faltung, die der Villa nach Ansicht der Architekten eine «strenge und raffinierte Präsenz» verleiht. Bei fachkundigen Betrachtern wird sie gewiss Assoziationen mit anderen Schweizer Bauten wecken.
Innen wie aussen besteht der Boden der Anlage aus hellgrauem Terrazzo. Zwei dicke Geschossplatten aus Beton verlaufen zwischen den parallelen Begrenzungswänden. Sie werden von Kernen getragen, die mit schwarzem Granit verkleidet sind und die Nebenräume enthalten. Formensprache und Materialwahl lassen den Bau streng und repräsentativ wirken. Die handwerkliche Umsetzung ist präzise und qualitätsvoll.
Foto: Rafael Gamo
Foto: Rafael Gamo
Viele Pflanzen säumen den Weg, der vom Zugangshof durch das Haus und in den Garten führt. Zwischen den Blöcken befinden sich die Wohnbereiche, aus denen man schöne Ausblicke in den Grünraum hat. Die Gartengestaltung stammt vom Büro Entorno. Mit grossen Türen aus Eukalyptusholz lässt sich die Privatsphäre in den Räumen regulieren.
Die spröde Architektur der neuen Villa wird erst im Zusammenspiel mit der wunderbaren Vegetation zu einem Wohnumfeld für den Schweizer Botschafter, das sich von der Strasse aus weder erahnen lässt, noch zu erwarten ist.
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