Wakkerpreis 2021 für Prangins
Das schöne Dorf mit Schloss über dem Genfersee erhält dieses Jahr den renommierten Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutzes. Verdient hat es sich die Auszeichnung nicht zuletzt durch die Selbstbehauptung inmitten eines Speckgürtels mit hohem Siedlungsdruck. Gelungene Siedlungsentwicklung bedeutet eben weit mehr als die Erfüllung von Mengenvorgaben.
Prangins im Kanton Waadt ist vielleicht nicht gerade das sprichwörtliche Gallierdorf, welches dank Zaubertrank die es umzingelnden Römer das Fürchten lehrt. Doch die Gemeinde hat in der prosperierenden Grossagglomeration Lausanne-Genf durch gezielte Massnahmen dafür gesorgt, dass ihr Charakter eines Bauerndorfes stets bewahrt blieb. Sie gehört zur Region La Côte, verfügt jedoch kaum über Weinberge, sondern über fruchtbares Ackerland. Auch bietet sie feine, bestens erschlossene Wohnlagen; seit den 1960er-Jahren hat sich die Bevölkerungszahl verdreifacht. Und bis 2040 soll die Wohnbevölkerung um weitere dreissig Prozent oder mehr ansteigen. Das Siedlungsgebiet von Prangins ist inzwischen mit jenem der westlich angrenzenden Kleinstadt Nyon lückenlos zusammengewachsen. Bei der Durchfahrt mit der Eisenbahn ist auch erkennbar, dass Prangins sogar über ein Flugfeld verfügt, auf dem kleine Maschinen starten und landen können.
Mit dem Wakkerpreis zeichnet der Schweizer Heimatschutz Gemeinden aus, die hinsichtlich ihrer Ortsbild- und Siedlungsentwicklung besondere Leistungen vollbracht haben. Prangins hat sich die Ehrung verdient, weil sich die Gemeinde entschieden hat, ihre Siedlungsentwicklung auf historisch gewachsenen Werten aufzubauen, diese zu stärken und weiterzuentwickeln. Ziel ist es, das weiterhin erwartete Bevölkerungswachstum mit einer ungebrochen hohen Siedlungsqualität zu verbinden. Dabei verfolgt die Gemeinde eine aktive Investitionspolitik.
Die erwähnten historisch gewachsenen Werte sind über die Gemeinde hinaus von Bedeutung: Sie sind im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) erfasst. Als besonders wertvoll gilt nicht nur die Schlossanlage aus dem frühen 18. Jahrhundert – heute der Westschweizer Sitz des Schweizerischen Nationalmuseums –, sondern ebenso der direkt nordwestlich anschliessende historische Ortskern, zusammen mit den benachbarten Freiräumen. Auf diesem Vermächtnis ruht die Entwicklungspolitik der Gemeinde. Sie war bereit, zugunsten des Erhalts ihres wertvollen Ortsbildes, der Kulturlandschaften und der Parkanlagen auf bebaubares Kulturland zu verzichten. Ausserdem stärkte sie die ortsspezifische Identität durch eine sorgfältige Pflege und Weiterentwicklung vorhandener räumlicher Qualitäten. Vielfältige Angebote sowie Investitionen in öffentliche Freiräume aktivieren und beleben den Dorfkern als Zentrum des Gemeindelebens. Im Gemeindehaus – dem ehemaligen Gutshof des Schlosses – sind unter einem Dach die Verwaltung, der Polizeiposten, ein kleines Lebensmittelgeschäft und eine Krippe untergebracht.
Lobenswert findet der Heimatschutz ausserdem die «klaren Strategien und Haltungen auf Gemeindeebene». Sie ermöglichten eine qualitative und ortsspezifische Entwicklung. Das breit abgestützte Vorgehen erlaube es, den von aussen auferlegten Wachstumsvorgaben proaktiv zu begegnen. Der kontinuierliche Beizug von externen Fachleuten aus Theorie und Praxis wirke unterstützend und helfe, mögliche Massnahmen zu analysieren und zu präzisieren. Auch durch öffentliche Wettbewerbsverfahren investiere Prangins in eine qualitätsvolle Zukunft.