Transform

Jenny Keller
5. 11月 2018
Blick in die Ausstellung «Transform» im S AM. Bild: pd

Im Schweizerischen Architekturmuseum (S AM) lief bis am 4. November einen zu kurzen Monat lang die sehenswerte Ausstellung «Transform». Wenn der Direktor eines Museums am Samstag eine persönliche Führung durch sein Haus macht, dann liegt ihm etwas an seiner Ausstellung: Andreas Ruby und sein Team hat bis gestern Sonntag paradigmatisch gezeigt, was Architektur ausstellen für im S AM bedeutet. Mit «Transform» wurde anhand von drei eigenständigen Positionen das Potenzial der Transformation eines Gebäudes (statt dessen Abriss) illustriert. Dies nicht nur auf Plänen und gänzlich ohne Modelle, wie sie Architekten bauen, sondern mit Hilfe von 1:1-Installationen, die den räumlichen Eindruck der Projekte vermitteln. Der «99¢ Space» von agps architecture in Zusammenarbeit mit Jenny Rodenhouse macht den Anfang. Die silbernen Vorhänge, ein Material, das man von der Notrettung von Verletzten kennt, sind in ihrer wahren Grösse im Museum aufgehängt worden, inklusive dem unter Schweizer Gesichtspunkten fast unerhörten Montage-Detail (Ducktape mit einem Loch und Aufhänger eines Badezimmervorhangs an einem Spannseil). Die Vorhänge haben durchaus ästhetisches Potenzial, sie hängen aber wegen ihrer wärmedämmenden Eigenschaften im «99¢ Space». Ein Video mit Ton reichert den 1:1-Eindruck mit Ton und Bewegung an. Der Umbau der gezeigten Scheune in Kalifornien war für agps ein konzeptioneller Versuch, preiswert zu bauen, ohne auf Komfort zu verzichten. Sarah Graham von agps bewohnte ihr Experiment selbst und erbrachte den Beweis, dass man mit Materialien aus einem Katalog für den landwirtschaftlichen Gebrauch durchaus Architektur betreiben kann.

Blick in die Ausstellung «Transform» im S AM. Bild: pd

In der Cité du Grand Parc in Bordeaux von Lacaton & Vassal, Frédéric Druot, Christophe Hutin zeigen die Architekten, dass mit einer räumlich begehbaren neuen Dämmschicht, nämlich einem Winterzimmer, auch ein sozialer Raum entstehen kann, dessen Anbau die Mietzinsen nicht belastet. Diese Sommerzimmer sind im S AM nachgebaut, man spürt die neue Grosszügigkeit, insbesondere in Verbindung zu den Fotografien des Bestands. Als Schweizer Beispiel folgt dann ein zukünftiges Projekt des Baubüros in situ, das die Halle 118 in Winterthur aufstocken wird, und zwar mit einwandfreien Bauteilen aus Projekten, die rückgebaut wurden. Andreas Ruby spricht in diesem Zusammenhang von Low-Cost-Spolien.

Blick in die Ausstellung «Transform» im S AM. Bild: pd

Alle gezeigten Projekte sind poetische und durchaus ästhetische Manifeste dafür, dass die Lebensdauer eines Gebäudes länger sein kann – und muss – als dies heute oft der Fall ist. Neu ist nicht unbedingt gut. Gerade in sozialer und ökologischer Hinsicht. Dies wurde im S AM so vermittelt, dass auch Laien einen Zugang dazu finden. Architektur und die (gebaute) Umwelt gehen uns schliesslich alle an.

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