Ein selbstbestimmtes Leben führen

Inge Beckel
16. 2月 2016
Laubengang der Ateliercontainer des Basislagers mit Blick auf die Asylunterkünfte. Bild: espazium.ch/Danielle Fischer.

«Wir müssen uns auf das besinnen, was wir beispielsweise bei uns nach dem Krieg getan haben: Wohnbau. Und zwar schnell, gross und viel. Wir müssen wegkommen von dem Irrglauben, dass wir es mit temporären schnellen Lösungen über die nächsten Jahre schaffen»1, sagt Kilian Kleinschmidt. Kleinschmidt führte über längere Zeit das zweitgrösste Flüchtingslager der Welt, Zaatari mit teilweise 120'000 Menschen, das in Jordanien an der syrischen Grenze liegt.

In dieselbe Richtung zielt das jüngste TEC212, das sich dem Thema Asylunterkünfte widmet. Dort sagt Manuel Herz: «Unsere städtebauliche und architektonische Antwort auf die ankommenden Flüchtlinge sollte nicht auf Übergang und Ausnahme ausgerichtet sein. Wir könnten im Gegenteil die entstehende Situation nutzen, um generell bestehende Probleme und Schwächen der Wohnungssituation in Schweizer Städten anzugehen, an deren Spitze der Mangel an günstigem und flexiblem Wohnraum steht».

Dies bedeutet, dass die Wohnungen und mit ihnen die Flüchtinge integriert werden. In die Gesellschaft, und in die Wohn- und Arbeitsgebiete von uns Einheimischen, schon hier Lebenden. So plädiert Danielle Fischer gegen die Stigmatisierung von Flüchtlingen, also gegen den heutigen Usus, deren Unterkünfte an Siedlungsrändern und möglichst unsichtbar zu platzieren. Vorgestellt werden denn auch das Zürcher Basislager mit den angrenzenden Unterkünften für Flüchtlinge von NRS in situ, die zwar (noch) am Stadtrand liegen, wo sich Hierlebende und Flüchtlinge aber begegnen können.

Grundsätzlich geht es darum, die Ankommenden als würdige und gleichzeitig verantwortliche Menschen zu begreifen. Nochmals Kleinschmidt über seine Erfahrungen in Zaatari: «Wir haben aufgehört, den Menschen Pakete abzugeben, für die sie sich stundenlang in einer Reihe anstellen mussten und die Lebensmittel enthielten, die sie gar nicht brauchten. Wir haben Supermärkte gebaut, wo Leute mit Debitkarten einkaufen konnten. Vom Almosen-Empfänger zum Happy Shopper». Und schliesslich: «Sorry, aber in unseren Wirtschaftsgefügen und mit unserer Kraft, die wir haben, muss es doch möglich sein, da ganz andere Programme aufzulegen. Aber wichtig ist: Raus aus diesen Bunkern! Für eine kurze Zeit kann das eine Notlösung sein. Aber längerfristig gehen solche Unterkünfte nicht».


Anmerkungen:
1 «Migration ist die beste Entwicklungshilfe». Er leitete das zweitgrösste Flüchtlingscamp der Welt. Heute fordert Kilian Kleinschmidt ein Umdenken in der Migrationspolitik; Interview von Sarah Serafini, in: Schweiz am Sonntag, Nr. 2, 17. Januar 2016, S. 10.
2 Asylunterkünfte: Integration im Städtebau, von Manuel Herz und Danielle Fischer, in: TEC21, 7-8/2016, S. 20ff.; mehr hier.


Siehe zum Thema etwa auch: «Neu im Netz: Architektur für Flüchtlinge», auf German-Architects.com, hier.

Zaatari in Jordanien an der syrischen Grenze. Bild: schweizamsonntag.ch/Muhammad Hamed

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