Arbeitsplatz Schweiz

Jenny Keller
6. 6月 2013
Bild: World-Architects.com

Im Jahr 2011 schlossen gemäss Bundesamt für Statistik rund 300 Architektinnen und Architekten an den Hochschulen der Schweiz ihr Studium ab. Das sind trotz der strengen Bedingungen während des Studiums und der nicht minder harten Zeiten im Job sehr viele Absolventen. Zum Vergleich: Bei den Bauingenieuren sind es nur rund 100 Personen, die vor zwei Jahren einen Masterabschluss gemacht haben.


Jobs sind reichlich vorhanden in der Branche, wie die jüngste Umfrage zur Geschäftslage der Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF) im Auftrag des SIA zeigt. Es herrsche weiterhin grosse Stabilität auf hohem Niveau. 85 Prozent der befragten 674 Büros gehen davon aus, dass sich die gute Geschäftslage auch in den kommenden sechs Monaten halten wird. Gemäss KOF haben 18 Prozent der Architekturbüros ihre Belegschaft in den letzten drei Monaten erhöht, und eine ähnliche Anzahl plant, im Laufe der kommenden drei Monate Anstellungen vorzunehmen. Die Reichweite des Auftragsbestands ist gegen Ende des Quartals nochmals angestiegen und beträgt nun mehr als ein Jahr. Gute Zeiten also für die angestellten Architektinnen und Architekten in unserem Land. Dass diese nicht nur aus der Schweiz kommen, weiss jeder, der selbst in der Branche arbeitet.

Desillusioniert in Deutschland
Wer also sind diese Arbeitnehmer, woher kommen sie, wie finden Sie zu ihrem Traumjob, wer ist ihre Konkurrenz und was erschwert ihnen die Arbeit? Eine deutsche Architektin, Abgängerin der FH Potsdam, erzählt, während des Studiums herrschte der Tenor, man finde nach dem Abschluss eh keine Anstellung. «Es war üblich, dass man nach abgeschlossenem Studium nur ein Praktikum kriegte, manchmal sogar unbezahlt – aber immerhin hat man so dringend benötigte Erfahrungen in der Praxis sammeln können.» Die Einstellung während des Studiums lautete, Freude an der Sache zu haben. Um das Danach kann man sich dann immer noch später kümmern.

Nach Abschluss des Studiums machte sich die junge Architektin auf Stellensuche, sie wäre für einen guten Job auch in eine andere Grossstadt gezogen und machte alsbald die Erfahrung, dass es in Deutschland beinahe unmöglich war, als Architektin eine Festanstellung zu finden. Projektbezogene Angebote zu schlechten Konditionen gab es zwar, aber so jobbte sie kurzzeitig als Verkäuferin und in einem Kaffee, und schlussendlich ist sie von Berlin weggezogen, um in Zürich als Architektin arbeiten zu können.

Weshalb sie in die Schweiz gekommen sei? Ganz einfach, wenn auf fünf Angebote in Deutschland deren 20 allein in Zürich kommen, liegen Wegzugsgedanken nicht mehr so fern. Sie habe das nicht ursprünglich vorgehabt, doch auch wegen des Stellenmarkts auf Swiss-Architects.com sei sie überhaupt auf den Arbeitsplatz Schweiz aufmerksam geworden. Dieser vereinfache die Suche nach einem Job ungemein, wenn man in Berlin am Computer sitze. So sei es auch nicht verwunderlich, dass gefühlt die Hälfte aller Angestellten in den Zürcher Architekturbüros Deutsche seien, meint sie. Doch habe sie nie negative Erfahrungen als Deutsche in der Schweiz machen müssen, vielleicht auch, weil sie sehr unbedarft war und gar nicht wusste, dass nicht alle Schweizer begeistert sind von der Zuwanderung der Deutschen.
 
Für die grösste Gruppe der Zuwanderer in der Schweiz gibt es in Zürich mittlerweile extra Kurse, wo man sich in «Swissness» instruieren lassen kann. Die Architektin aus Berlin erklärt hingegen, dass die Sprache für ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen mit Sicherheit ein Vorteil sei bei der Bewerbung. Mit Umsicht und Zurückhaltung lerne man auch den Umgang, den es hier zu pflegen gelte, damit man nicht die «typisch deutschen Fehler» mache, gerade in der Kommunikation mit der Bauherrschaft oder den Ämtern.
 
Euro-Rettungsschirm Schweiz
Da haben es andere Zuwanderer bedeutend schwerer: Laut Bundesamt für Statistik machen die Portugiesen den zweitgrössten Teil der Einwanderer in die Schweiz aus. Die schlechte wirtschaftliche Lage des Landes am westlichen Ende Europas spüren auch die hiesigen Architekturbüros, die auf Angestelltensuche sind. Raphael Howald, der bei Meier Leder Architekten für die Stellenanzeigen zuständig ist, sagt, dass er auf eine Anzeige rund hundert Bewerbungen erhalte. Dabei stammten fast alle aus dem Ausland, und die Bewerber seien ohne entsprechende Qualifikationen für den ausgeschriebenen Job. Diese Bewerber stammten überwiegend aus Portugal, Spanien und Griechenland.
 
Elke Maier, bei der Architektur Rolf Stalder AG für Stellenausschreibungen zuständig, meint auch, es sei nicht einfach, die passenden Bewerber zu finden. Sie differenziert aber folgendermassen: «Der Markt ist vor allem bei qualifizierten Baufachleuten mit langjähriger Erfahrung in der Schweizer Baubranche ausgetrocknet. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir als mittelgrosses Architekturbüro nicht mit Arbeitgebern wie grösseren Generalunternehmen oder dem Staat konkurrieren können. Ein bisschen einfacher gestaltet es sich bei Architekten mit kürzlich erworbenem Studienabschluss. Doch benötigt man in einem Unternehmen in unserer Grösse und Ausrichtung ein breites Spektrum an Mitarbeitern mit unterschiedlichem Kenntnisstand.» Auf die kürzlich ausgeschriebene Stelle eines Architekten oder Hochbauzeichners, erhielt sie rund 25 Bewerbungen, darunter waren 70 Prozent ausländische Zuschriften, vorwiegend aus Spanien, teilweise auch aus Italien und Osteuropa.
 
Reden wir über den Lohn
Die Erfahrung von Raphael Howald und Elke Maier, es sei schwierig, geeignete Leute zu finden, und der Markt sei ausgetrocknet, deckt sich mit der aktuellen Umfrage des Berufsverbands Swiss Engineering (STV). Der STV stellte fest, dass Ingenieure und Architekten gefragt sind. Eine Umfrage unter 3'300 Personen ergab, dass junge Ingenieure und Architekten schnell einen (gut bezahlten) ersten Job finden. 61 Prozent aller Hochschulabgänger fanden bereits innerhalb eines Monats nach Studienabschluss eine Stelle. Zu tun gibt es in der Baubranche (immer noch) genug. Bei den Gehältern zeigt sich jedoch ein anderes Ungleichgewicht: Während Bauingenieure mit durchschnittlich 78’000 Franken Einstiegslohn rechnen dürfen, kommen die Architekten auf gerade Mal 60'000 Franken im Schnitt. Ein Lohn, der im Vergleich nicht so berauschend ist. Da braucht es die Arbeitgeber wiederum nicht zu wundern, dass sich auf die Stellenangebote mehr Ausländer als Schweizer melden, doch das ist dann wiederum ein anderes Thema.

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