Milcheiweiss als natürlicher Leim für Holzfaserplatten

Martina Metzner
2. settembre 2021
Foto © Sofia Souidi

Holz gilt momentan als besonders umweltfreundlicher Werkstoff. Das Material ist populär wie selten zuvor. Doch der Hype lässt zuweilen vergessen, dass auch bei der Arbeit mit Holz viele fragwürdige Stoffe zum Einsatz kommen. Viele Möbel aus Holz werden zum Beispiel lackiert oder zusammengeleimt, wobei Substanzen verwendet werden, die unter anderem Formaldehyd beinhalten. Dies führt dazu, dass die so gefertigten Materialien – obwohl sie doch eigentlich auf Holz basieren – nicht wiederverwendet werden können. Dies will die Designerin Sofia Souidi aus Berlin mit ihrem «Superwood Project» ändern: Ihre Holzfaserplatten, die frei von Schadstoffen sind und aus rezykliertem Holz gemacht werden, müssen nicht lackiert oder furniert werden. Die Idee dazu entwickelte Souidi bei der Auseinandersetzung mit der Kultur der alten Ägypter, die Kasein (Milcheiweiss) im Bootsbau verwendeten. Souidi ist von ihrem Weg überzeugt – auch aus gestalterischen Gründen. Sie sagt: «Recycelte Materialien haben eine Geschichte, die durch die Oberfläche kommuniziert wird, dadurch entsteht eine tiefere Bindung bei den Nutzenden.»

Die vermischten Holzfasern und Farbpartikel werden im Fraunhofer-Institut für Holzforschung (WKI) zu Platten verpresst. (Foto © Fine Behrens)

Für Superwood mischte die Designerin erfolgreich rezyklierte Holzfasern, aus Lebensmittelresten extrahiertes Kasein, Kalk, Wasser, Nadeln von Nadelhölzer sowie natürliche Farbpartikel (aus Mikroalgen). In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Holzforschung, dem Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI), wird das Material nun getestet: Der natürliche Kasein-Leim wird hinsichtlich Funktionalität und Beständigkeit weiter optimiert. Die Materialeigenschaften werden auf mechanisches, thermisches und hygienisches Verhalten geprüft, um hohe Verarbeitungsstandards gewährleisten zu können. Jede Platte kann durch Pigmente, Textilien und Texturen speziell ausgestaltet werden, sodass man das Material nicht mit einer Kunststoffbeschichtung überziehen muss. Dadurch bleibt es recycelbar.

Aktuell forscht Sofia Souidi zu geometrischen Strukturen für die Platten. (Foto © Sofia Souidi)

Mit seiner fein marmorierten Oberfläche und seiner aussergewöhnlichen Stabilität kann Superwood vielseitig eingesetzt werden. Es bewährt sich zum Beispiel im Möbeldesign, als Akustikmaterial oder für architektonische Anwendungen. Es lässt sich in Form pressen und wie herkömmliche Produkte fräsen, sägen, bohren und bedrucken. 

Die Entwicklung des Materials wird von der Ikea-Stiftung gefördert. Mittlerweile hat Sofia Souidi mehrere Auszeichnungen für ihre Arbeit erhalten, darunter auch den Förderpreis der deutschen Stiftung Umwelt und Neue Energien.

Wie alle Produktrezensionen wurde dieser Artikel von German-Architects übernommen.

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