Bauteile aus «Abfall»: Backstein-Module von Lendager

Martina Metzner
9. giugno 2022
Die Wohnüberbauung Resource Rows steht im Kopenhagener Stadtteil Ørestad Syd. Insgesamt wurden 463 Tonnen vermeintlichen Abfalls verbaut. Pro Quadratmeter konnte der CO2-Fussabdruck des Neubaus dadurch um 29 Prozent verringert werden. (Foto © Lendager)

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Obwohl es ökologisch und ökonomisch sinnvoll wäre, gebrauchte Bauteile und Materialien wiederzuverwenden, geschieht dies in der Praxis kaum. Nur 1 Prozent des Abbruchmaterials wird heute in Zentraleuropa einer neuen Verwendung zugeführt. Um das zu ändern, bedarf es neben der Unterstützung der Bauherrschaften und der Politik auch Kreativität und Neuentwicklungen. Denn längst nicht alle Baustoffe und -produkte lassen sich ohne Weiteres in ihre Bestandteile zerlegen und anschliessend von Neuem einsetzen. 

Seit den 1960er-Jahren ist es zum Beispiel schwierig, einzelne Ziegeln zu recyceln, denn der Mörtel ist mit seiner hohen Haftkraft stärker als die Steine selbst. Die Verbindung lässt sich also kaum mehr lösen, ohne das Material zu zerstören. Doch das dänische Architekturbüro Lendager hat für seinen Wohnbau Resource Rows in Kopenhagen (2020) trotzdem in grossem Stil Backsteine aus alten Gebäuden verwendet – neben gebrauchten Fenstern, Betonteilen aus abgebrochenen Hochbauten und Brücken, Abfallholz und vielen weiteren recycelten Materialien und Teilen. Insgesamt schafften es die Architekt*innen so, den CO2-Fussabdruck des Neubaus um 29 Prozent pro Quadratmeter zu verringern. Es wurden 463 Tonnen vermeintlichen Abfalls verbaut.

 

Die Architekt*innen setzten die Module aus den Überbleibseln alter Backsteinfassaden als Gestaltungselemente ein. Die Verwendung gebrauchter Bauteile ist nicht nur ökologisch und ökonomisch sinnvoll, sondern auch architektonisch interessant. (Foto © Lendager)

Um Backsteine wiederzuverwenden, wurden 84 Module aus Abbruchmaterial hergestellt: Man schnitt rechteckige Teile alter Backsteinfassaden heraus und setzte diese dann in Stahlrahmen ein. Diese neuen Objekte wiederum konnten als Bauteile für die Fassade des Neubaus verwendet werden. Die so recycelten Steine stammen aus Brauereigebäuden von Carlsberg in Kopenhagen, aber auch von abgerissenen Schulen und Industriegebäuden in ganz Dänemark. Neben den ökologischen Vorzügen verleiht dies dem Neubau Geschichtlichkeit und erzeugt Identität. Das Projekt wurde für den Mies van der Rohe Award 2022 nominiert.

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