Trump und die Architektur
Manuel Pestalozzi
9. novembre 2016
Wo die Rendite stimmt und ein gefälliges Logo angeschraubt werden kann, hat die Architektur in Trumps Welt eine Chance. Trump Tower in Chicago. Bild: Teresa Peek/www.tourthroughalens.com
Der Schrecken ist noch frisch: ein Immobilien-Tycoon wird Präsident einer Weltmacht. Was das für die Architektur bedeutet, ist noch nicht absehbar.
Vierschrötig, ungehobelt, Mist verzapfend – die meisten mit Planungssitzungen und Baustellen vertrauten Fachleute werden entsprechende Charaktertypen wohl kennen. Aber man rechnet normalerweise wohl nicht damit, dass sie ins White House einziehen. Nun wird diese Unwahrscheinlichkeit Wahrheit, entsprechend gross ist die Verunsicherung. Eine vage Hoffnung besteht: Der Mann hat gebaut und will wohl weiter bauen. Die Frage ist nur, wo und wie. Die möglichen Antworten sind für engagierte Architektinnen und Architekten leider nicht besonders ermutigend.
Das Verhältnis des siegreichen Amtsbewerbers zur Baukultur ist Gegenstand verschiedener Aufsätze. So haben sich in jüngerer Zeit die Online-Magazin Dezeen und Fasctodesign über die Trumptecture ausgelassen. Dezeen-Autor Doug Staker ist der Meinung, dass die Gebäude auch die Werte und ästhetischen Empfindungen des Mannes widerspiegeln. Und meistens spiegeln sie ja gewaltig. Eines ist klar: Donald Trump war als Immobilieninvestor nie ein Ernst Göhner, der innovative Siedlungen wie Halen in Bern finanzierte. Form und Ästhetik generierender Faktor scheint bei ihm primär der schnelle Profit zu sein. Zur rationellen Bauweise gesellen sich das Schinden von Eindruck und glänzende, polierte Oberflächen.
Architrave, Kapitelle und Gold, Gold, Gold. Donald, Melania, und Barron Trump daheim in Manhattan. Bild: people.com
Auch in Sachen Innenarchitektur macht die Familie Trump als Trendsetter wenig Hoffnung. Imponiergehabe, Gold und Glanz auch hier. Wer abstauben muss, hat viel zu tun. Die unverschämte Zurschaustellung von Reichtum, wie es dieser eigenartige «Advokat der Benachteiligten» pflegt, kennt man vor allem aus dem Mittleren Osten. Da wie dort bedient sie sich aus Versatzstücken eines nouveau riche- Stils, Expertinnen und Experten würden ihn vermutlich in die Epoche Empire einordnen.
Viele teilen heute wohl das Gefühl, dass die Welt an einer Zeitenwende steht. Gute Bauwerke haben die Eigenschaft, solche zu überdauern. Vielleicht ist es der Moment, sich vermehrt an die Trägheit zu erinnern, die der Architektur innewohnt. Aus ihr ergibt sich eine gewisse passive Widerstandskraftt, die man vielleicht wieder etwas mehr kultivieren sollte.
Verspiegelung als Symbol der Undurchsichtigkeit. Trump International Hotel, Las Vegas. Bild: dezeen.com
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